Der israelische Soldat Natanel Touthang wurde letzte Woche verletzt. Splitter einer angeblich von der Hisbollah abgefeuerten Granate an der israelischen Grenze zum Libanon hatten ihn getroffen. An sich nichts Besonderes, wenn man so will, für einen Konflikt, bei dem in etwas mehr als zwei Wochen mehr als 5000 Menschen getötet und rund 20’000 verletzt wurden.
Allerdings ist der 26-jährige Touthang kein gewöhnlicher israelischer Soldat. Er ist nämlich in Manipur (Indien) geboren. Mit seiner Familie zog er vor einigen Jahren nach Israel und erhielt später die Staatsbürgerschaft, wie RT berichtet.
Touthangs Verletzung sei der erste derartige Vorfall in diesem Krieg, an dem ein Mitglied der Bnei Menashe («Kinder von Menashe») beteiligt gewesen ist. Dabei handelt es sich um eine Gemeinschaft von Kuki- und Mizo-Juden aus den nordöstlichen indischen Bundesstaaten Manipur und Mizoram, deren Mitglieder derzeit an der Front für Israel, ihre neu entdeckte Heimat, stehen. Sie behaupten, zu einem der «zehn verlorenen Stämme Israels» zu gehören.
Die Geschichte der Bnei Menashe beinhaltet ihre «Konvertierung» zum Judentum, beeinflusst durch den israelischen Rabbiner Eliyahu Avichayil in den 1970er und 1980er Jahren. Viele von ihnen wanderten nach Israel aus, wo sie offiziell «konvertierten» und israelische Staatsbürger wurden.
Lalam Hangshing, ein Kuki und Vorsitzender des Bnei Menashe Council India, sagte gegenüber RT, dass es in den vergangenen drei Jahrzehnten eine stetige Migration von Menschen aus der Gemeinde nach Israel gegeben habe. Er machte deutlich:
«Wer [von den Bnei Menashe] nach Israel geht, erhält die Staatsbürgerschaft dieses Landes. Allerdings müssen sie sich an das System und die Gesetze des Landes halten.»
Isaac Thangjom unterstützt mit der 2019 gegründeten und von ihm geleiteten Organisation Degel Menashe die Bnei Menashe-Gemeinschaft dabei, dass sie sich in die israelische Gesellschaft integrieren und ihr kulturelles Erbe bewahren können. Trotz ihrer geringen Bevölkerungszahl gibt es gemäss Thangjom eine beträchtliche Anzahl jugendlicher Bnei Menashe in Uniform.
Thangjom erklärte gegenüber RT, dass der Krieg in Israel zu einer Zeit ausgebrochen sei, als die Kuki-Stammesangehörigen in Manipur einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt gewesen seien. Damit meint er blutige ethnische Auseinandersetzungen zwischen Kukis und der ethnischen Gruppe der Meiteis, zu denen es in diesem Jahr in Manipur gekommen ist.
Dabei seien mehr als 180 Menschen gestorben, mehrere hundert verletzt und mehr als 60’000 vertrieben worden. Die Kuki Beni Menashe sollen zu den am schlimmsten betroffenen Gruppen gehören. Thangjom sagte:
«Ich denke, wenn dieser [Krieg] vorbei ist, werden wir Bnei Menashe uns auf eine andere und tiefere Weise als Israeli fühlen als bisher. Wir werden unser Leben für dieses Land aufs Spiel setzen, was so viele Israelis tun und getan haben. Wenn Israel, wie viele sagen, nach Kriegsende ein anderes Land wird, werden wir Bnei Menashe sicherlich eine andere Gemeinschaft sein.»
Wie RT mitteilt, besteht die Bnei Menashe-Gemeinschaft aus etwa 10’000 Menschen, zu gleichen Teilen auf Israel und Indien verteilt. Im Gegensatz zu vielen jüdischen Gemeinden in Indien, wie etwa den Cochin-Juden, deren Zahl im Laufe der Jahre abgenommen habe, hätten die Bnei Menashe ihre Identität und ihren Glauben bewahrt.
Der historische Anspruch der Bnei Menashe wurzele in ihrer Überzeugung, dass sie Überreste eines «verlorenen» biblischen Stammes seien. Diese Behauptung sei jedoch unter Ethnographen und Genetikern umstritten, so RT.
Die im Nordosten Indiens verbliebene Gemeinschaft sei insbesondere bei den tibeto-burmesischen Gruppen anzutreffen, die in Mizoram als Mizos und in Manipur als Kukis bekannt seien. Ihre Konvertierung zum Judentum sei durch die Ankunft des Britischen Empire im Nordosten Indiens beeinflusst worden, das sie mit der Bibel bekannt gemacht habe. Dadurch wurden sie dazu veranlasst, Parallelen zwischen ihrer traditionellen Religion und der biblischen Erzählung zu erkennen. RT weiter:
«Diese Parallelen liessen sie glauben, dass ihr ursprünglicher Messias (Manasia oder Manmasi, der biblische Manasse oder Menashe), der Sohn Josephs war, und dass sie Nachkommen des Stammes seien, der seinen Namen trug. Trotz der historischen und genetischen Debatten haben die Bnei Menashe ihre kulturelle und religiöse Identität bewahrt.»