In einem ausführlichen Interview mit Wall-Street-Journal-(WSJ)-Chefredakteurin Emma Tucker äußerte sich der CEO und Chairman von JPMorgan Chase & Co., Jamie Dimon, zu seinen Sorgen über die Zukunft der Wirtschaft, die Auswirkungen von Kriegen in Übersee und die Bedeutung der Führungsrolle der USA.
JPMorgan ist die größte Bank der USA und laut Forbes das weltweit drittgrößte an einer Börse kotierte Unternehmen. Das Interview wurde zuerst als Podcast publiziert, ist seit Ende der letzten Woche in einem Transkript schriftlich in englischer Sprache verfügbar.
Dimon warnte vor den Herausforderungen, denen sich die USA gegenübersehen könnten, wenn sich das Wirtschaftsgefüge verschiebt und aufstrebende Wirtschaftsmächte wie die Shanghaier Organisation für (SCO), die ASEAN-Gruppe und die BRICS an Einfluss gewinnen. Diese Verschiebung könnte zu einer weiteren Spaltung in der US-amerikanischen Gesellschaft führen und die global führende Rolle der USA in Frage stellen.
Besonders besorgniserregend sei für JP Morgan die Möglichkeit, dass die BRICS und andere Länder bestrebt seien, den Dollar als Leitwährung abzulösen. Diese Entwicklung könnte die US-Märkte beeinträchtigen und zu einer weiteren Krise führen, insbesondere angesichts der aktuellen geopolitischen Spannungen und der polarisierten Wählerschaft in Amerika.
Dimon betonte die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen den USA und den aufstrebenden Wirtschaftsmächten, um gemeinsame Herausforderungen anzugehen und den Wohlstand für alle zu fördern. Angesichts der aktuellen globalen Krisen unterstrich er die Bedeutung des Schutzes grundlegender Freiheiten und des freien Unternehmertums.
Darüber hinaus warnte Dimon davor, dass die Deregulierungsagenda der BRICS-Staaten Auswirkungen auf die US-Märkte haben könnte, insbesondere im Hinblick auf die nationale Sicherheit und die Abhängigkeit der USA von wichtigen Ressourcen aus China.
In Anbetracht dieser Entwicklungen sei es für die USA und China schwierig, ein «ausgezeichnetes» Verhältnis aufrechtzuerhalten, insbesondere angesichts ihrer unterschiedlichen geopolitischen Interessen und Verbündeten. Die aktuellen Spannungen zwischen Russland, der Ukraine und dem Westen seien geeignet dazu, die Situation zusätzlich zu verschärfen und die Aussichten für eine Zusammenarbeit zwischen den USA und China zu erschweren.
Dimon verglich die aktuelle Situation mit den 1970er Jahren, als die USA eine Rezession und eine Ölkrise erlebten. Er warnte davor, dass ähnliche wirtschaftliche Herausforderungen bevorstehen könnten und betonte die Notwendigkeit, vorsichtig zu bleiben und die Entwicklungen auf den globalen Märkten genau im Auge zu behalten.
Kommentar von Transition News
Jamie Dimon ist ein wichtiger US-amerikanischer Wirtschaftskapitän. Sein Wort hat Gewicht. Bisher musste man davon ausgehen, dass das, was Medien wie Bloomberg behaupten, dass nämlich immer noch der Dollar König der Währungen sei und es dazu keine Alternative gäbe, Doktrin und Glaubensbekenntnis der US-Wirtschaftsführer sei.
Die Genfer Wirtschaftsjournalistin Myret Zaki hat diese Behauptungen kürzlich in einem luziden Interview zerzaust. Wir haben auf dieser Plattform ziemlich häufig über die BRICS berichtet – zum Beispiel hier und hier.
Menschen wie Dimon platzieren ihre Botschaften nicht zufällig. Das Interview im WSJ zeigt, dass in US-amerikanischen Wirtschaftskreisen nun doch ein Umdenken stattfindet. Er sieht nicht nur, dass die BRICS eventuell in Zukunft den Dollar umgehen, sondern versteht auch, dass das US-Budgetdefizit von 6% der Wirtschaftsleistung auf die Länge nicht tragbar ist, vor allem dann nicht, wenn es schwierig wird, diese Schulden in eigener Währung der ganzen Welt zu verkaufen.
Auf der anderen Seite spricht Dimon immer noch wie ein US-amerikanischer Machtpolitiker, wenn er China beschuldigt, Russland mit Technologie zu unterstützen, das dieses im Krieg gegen die Ukraine nutzt und es deshalb als für die USA schwierig sei, ein gutes Verhältnis mit China zu haben.
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