Zu den wichtigsten Erkenntnissen des Pro-Juventute-Corona-Reports gehört, dass die psychische Belastung bei Kindern und Jugendlichen deutlich zugenommen hat. So zeigen etwa die Gespräche bei der Nummer 147 (Beratung und Hilfe für Kinder und Jugendliche rund um die Uhr) eine rekordhohe Anzahl von Beratungen zu Suizidgedanken.
«Das 147» führte im laufenden Jahr im Vergleich zum Vorjahr 40 Prozent mehr Beratungen zum Thema Suizidgedanken durch. Jeden Tag steht die Helpline laut Pro Juventute mit 700 Kindern und Jugendlichen in Kontakt. «Pro Tag sind es sieben Kontakte zu Suizidabsichten.» Aufs gesamte Jahr hochgerechnet, ergibt dies rund 2500 Beratungen mit jungen Menschen, die an Selbstmord denken.
Auch Beratungen zu Themen wie «Autoagression/Ritzen», «Sich-Sorgen-Machen um Freundinnen und Freunde» oder «Depressive Stimmung» haben gemäss dem Report-Update stark zugenommen. Ausgeprägt sind bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zudem Zukunftsängste. Anfragen zum Thema Berufswahl haben 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent zugenommen. Dieses Jahr beziehen sich die Anfragen diesbezüglich am häufigsten auf «Überforderung und Stress».
Ebenfalls habe sich in der Pandemie die Nutzung digitaler Medien sprunghaft erhöht, so Pro Juventute. «Und mit ihr deren Schattenseiten.» Die Handynutzungszeit betrage unter der Woche im Schnitt 3 Stunden und 47 Minuten, am Wochenende 5 Stunden und 16 Minuten. Zu den Schattenseiten der sprunghaft erhöhten Mediennutzung gehört unter anderem, dass fast die Hälfte der Jugendlichen angibt, im Internet schon einmal sexuell belästigt worden zu sein.
Die Stiftung fordert deshalb eine sofortige Stärkung der bekannten jugendnahen Erstberatung, insbesondere der Nummer 147 (147.ch): «Die Beratungskanäle müssen überall und auch in Spitzenzeiten für alle erreichbar sein.» Weiter ruft die Organisation nach «breitenwirksamen Kampagnen, um die Beratung bekannter zu machen, und nach mehr Ressourcen für nachgelagerte Angebote» sowie einem Ausbau Versorgungsstrukturen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Zweifellos sind die Erkenntnisse richtig und die Forderungen berechtigt. Allerdings hinterfragt Pro Juventute nicht die Corona-Massnahmen an sich. Doch solange diese in dermassen drangsalierender Form in Kraft bleiben, werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene weiterhin massiv darunter leiden. Und so lange bleiben verbesserte Beratung und Betreuung dieser Altersgruppe reine Pflästerli-Politik und Symptombekämpfung ohne Nachhaltigkeit.