Drei Vertreter der Schweizer Maschinenbau-Industrie standen vor die Kamera und verlangten das Unmögliche: Die Schweiz solle ihre Kritik an der chinesischen Diktatur einstellen, weil sie «die Behörden» dieses grossen Landes verärgere.
Dieser Aufruf erfolgte am Dienstag, 13. Juli über eine Video-Pressekonferenz. Die drei Herren stellten fünf Forderungen: Die Schweiz solle sich nicht in den wachsenden Konflikt zwischen den USA und der Europäischen Union auf der einen, und der Volksrepublik China auf der anderen Seite einmischen. Sie soll die multilateralen Kanäle wiederbeleben, angefangen bei der WTO.
Der Bund müsse alles tun, um Schweizer Unternehmen den bestmöglichen Zugang zum chinesischen Markt zu garantieren. Sie solle nur die vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen internationalen Sanktionen anwenden und alle anderen, insbesondere die von den USA und der EU beschlossenen Interventionen unterlassen.
Schliesslich sollten «anstelle von behördlicher öffentlicher Kritik und parlamentarischen Initiativen unterschiedliche Auffassungen zu gesellschaftlichen Fragen im direkten und nichtöffentlichen Austausch angesprochen werden», so der Verein.
Kurz gesagt: die Schweiz solle ihre gesamte Aussenpolitik gegenüber China an den Interessen der Exportindustrie ausrichten. Die Diktatur durch die Kommunistische Partei, die Einsperrung der Bevölkerung in ein immer ausgeklügelteres System von Überwachung und Zwang, die Verweigerung der Grundrechte, die Umschreibung der Geschichte, all dies soll stillschweigend akzeptiert werden. Die Verlockung neuer Verträge mit einer chinesischen Wirtschaft, die bereits wieder wie vor «Corona» boomt, ist zu gross.
Geldbeutel versus Freiheit
Sehr wichtig ist für die Maschinenbauer auch die Tatsache, dass sie ihre europäischen Konkurrenten dank eines diplomatischen und administrativen Vorteils schlagen können: 2013 schloss die Schweiz mit China ein Freihandelsabkommen ab. Dieses eröffnet noch weitreichendere Perspektiven, nämlich den Zugang zur Regionalen Wirtschaftspartnerschaft RCEP. Dieser Verbund umfasst 15 asiatisch-pazifische Länder, darunter China, Japan, Indonesien und Australien. Die EU-Hersteller haben diesen Vorteil nicht, weil Brüssel keine solche Vereinbarung mit Peking getroffen hat und der Entwurf eines Investitionsabkommens blockiert ist.
Kurioserweise wurde der Appell von Swissmem am selben Tag lanciert, an dem sowohl Washington als auch Brüssel ein Regelwerk erliessen, das westliche Unternehmen daran hindern soll, sich auf irgendeine Art von Kompromiss mit dem chinesischen Regime einzulassen.
Darin werden auch Kontrollen bei Importen aus Xinjiang angekündigt, um den Einsatz von Zwangsarbeitern zu unterbinden. Auch werden die zunehmenden geschäftlichen Risiken im Zusammenhang mit Hongkong thematisiert, und vieles mehr. All diese Massnahmen sollen die Unternehmen dazu bringen, sich ihrer Verantwortung zu stellen: Entweder man hält sich an die westlichen Regeln oder man läuft Gefahr, einen Kompromiss mit einer Regierung einzugehen, deren Praktiken inakzeptabel sind.
Swissmem ist indessen der Meinung, dass sich die Schweiz diesem Vorgehen nicht anschliessen sollte: Es sei Sache jedes Unternehmens, selbst abzuschätzen, ob Zwangsarbeit im Spiel ist, und welche Risiken das mit sich bringe.
Auf diese Weise versucht Swissmem die Einheit zu brechen, die sich unter den liberalen Demokratien gegenüber der Diktatur aufbaut. Sie nimmt die demokratische Zukunft der westlichen Welt, einschliesslich der Schweiz, als Geisel. Sie begünstigt die Geldbörsen bestimmter Unternehmen, ihrer Manager und Aktionäre zum Nachteil eines kostbaren Gemeinguts: der individuellen, kollektiven und demokratischen Freiheit.
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Dieser Text wurde uns von Bon pour la tête zur Verfügung gestellt, dem führenden alternativen Medium der französischsprachigen Schweiz. Von Journalisten für wache Menschen.