Seit Ende März dauert bereits der Hungerstreik des griechischen Gesundheitspersonals. Vor Demonstranten sagte ein suspendierter Mitarbeiter in Athen: «Wir brauchen keinen Impfpass, um frei zu sein.» Wie das Medienportal The Defender berichetet, hielt eine der Streikenden, Zoe Vagiopoulo, eine in den sozialen Medien des Landes vielbeachtete Rede.
«Wir sind seit 17 Tagen im Hungerstreik für das Recht auf Arbeit. Arbeit ist ein Recht, das uns niemand verweigern kann. Wir sind 7500 Familien [bezogen auf die Zahl der weiterhin Freigestellten] ausserhalb des öffentlichen Gesundheitssystems. In dieses System haben unsere Eltern und Grosseltern eingezahlt. Aufgrund von permanenten gesetzeswidrigen Entscheidungen und Verstössen gegen die verfassungsmässige Ordnung sind wir jedoch von diesem System ausgeschlossen.»
Vagiopoulou ist einer von fünf griechischen Beschäftigten des Gesundheitswesens, die sich am 21. März einem Hungerstreik angeschlossen haben, um gegen ihre Suspendierung und die anhaltenden Covid-bedingten Einschränkungen zu protestieren. Das griechische Gesundheitsministerium hat alle ungeimpften Beschäftigten in unbezahlten Urlaub geschickt. Stichtag war der 1. September 2021. Die Frist für die Auffrischungsimpfung ist am 31. März abgelaufen.
Wie das Medienportal The Defender berichtete, haben viele der rund 10’000 ungeimpften Beschäftigten des Gesundheitswesens anhaltende Proteste organisiert und damit den konsequentesten und nachhaltigsten Widerstand gegen die von der griechischen Regierung verhängten Restriktionen geleistet. Die Massnahmen gelten europaweit als die strengsten.
In einem Interview mit The Defender sprach die Radiologin Argyri Kagia über die Proteste. Sie war im September 2021 von ihrer Arbeit in einem Athener Krankenhaus suspendiert worden, weil sie die Imfpung ebenfalls verweigert hatte. Die Motivation der Teilnehmer an diesem Hungerstreik beschrieb Kagia als deren «persönliche Entscheidung» und «einen letzten Versuch, gehört zu werden».
Seit Beginn des Hungerstreiks haben die suspendierten Arbeiter Kagia zufolge Tag und Nacht vor dem griechischen Gesundheitsministerium protestiert. Ausserdem würden Proteste und Märsche zu verschiedenen Ministerien und öffentlichen Einrichtungen organisiert.
Nach Angaben von The Defender verkörpert der Hungerstreik eine neue, noch nie dagewesene Phase der Proteste gegen Covid-Massnahmen und Einschränkungen. The Defender vergleicht die griechische Protestaktion mit der Aktion vom September 2021 in Nizza. Damals waren die beiden Krankenhausmitarbeiter Christophe Nait und Thierry Paysant in einen Hungerstreik getreten, um gegen die Impfpflicht in Frankreich zu protestieren.
Nait und Paysant beendeten ihren Streik jedoch im Oktober 2021. Paysant erklärte gegenüber französischen Medien, dass es «nach einem Monat sinnlos ist, sich die Leute daran gewöhnen und sich niemand darum kümmert». Ein Vertreter des französischen Staates habe ihnen sogar gesagt, «sie seien der Kollateralschaden» der Impfpflicht. Die Reaktionen der griechischen Regierung auf den Hungerstreik würden laut The Defender ebenfalls auf eine Geringschätzung des ungeimpften Gesundheitspersonal hindeuten.
Am 30. März feuerte die Bereitschaftspolizei während eines Marsches zum griechischen Parlament Tränengas auf die Demonstranten, darunter auch auf die fünf im Rollstuhl sitzenden Hungerstreikenden, von denen einer verletzt wurde, so The Defender. Der Vorfall war auf Video festgehalten und in den griechischen sozialen Medien verbreitet worden. Das Nachrichtenmagazin Newsbeast hatte das Video zunächst online gestellt, später aber ohne weitere Erklärungen wieder entfernt. Nach Informationen von The Defender ist die Polizei im Gegensatz zu Beschäftigten im Gesundheitswesen von der Impfpflicht am Arbeitsplatz ausgenommen.
Bereitschaftspolizisten sind The Defender zufolge später dabei gesehen worden, wie sie den griechischen Gesundheitsminister Thanos Plevris am 4. April während eines Besuchs im Thriasio-Krankenhaus ausserhalb von Athen beschützt hatten. Plevris ist für seine langjährigen Verbindungen zur extremen Rechten bekannt.
Laut Kagia haben «die grossen und bekannten Medien [Griechenlands] nicht über den Hungerstreik berichtet». Wie The Defender weiter ausführte, erhielten die griechischen Medien seit 2020 staatliche Subventionen in Höhe von 40 Millionen Euro, die angeblich dazu beitragen sollen, die angeschlagenen Redaktionen und Verlagshäuser über Wasser zu halten (wir berichteten).
«Die Finanzierung wird in Griechenland weithin als Mittel angesehen, um eine positive Berichterstattung über die harten Corona-Massnahmen zu fördern.»
Kagia sagte gegenüber The Defender, die griechische Regierung habe trotz der anhaltenden Proteste am 30. März beschlossen, die Suspendierung von ungeimpftem Gesundheitspersonal bis zum 31. Dezember zu verlängern. Ursprünglich hätte sie am 31. März auslaufen sollen.
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