Die österreichische Regierung hat bei ihrem Krisenmanagement in der Corona-Krise nicht auf die Expertise der eigenen Wissenschaftler und Beamten vertraut. Das berichtet das Wiener Wochenmagazin Falter unter Bezug auf interne Dokumente aus dem Innen- und Gesundheitsministerium, die der Zeitschrift vorliegen.
Aus einem schon vor zwei Wochen bekannt gewordenen Gesprächsprotokoll aus dem Beraterstab des grünen Gesundheitsministers Rudolf Anschober ging hervor, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz bei der Umsetzung der rigiden Maßnahmen auf Angst statt auf Aufklärung setzte, um der Bevölkerung wirtschaftliche und soziale Zumutungen verkaufen zu können.
Die nun bekannt gewordenen Unterlagen zeigen, dass die Experten in den Krisengremien der Ministerien gegen einen Lockdown waren, gegen eine Schließung von Einzelhandel, Gastronomie, Kindergärten, Schulen und Universitäten.
Die Unterlagen stammen aus den beiden wichtigsten Krisengremien des Landes, dem wissenschaftlichen Beraterstab der "Taskforce Corona" im Gesundheitsministerium und dem "SKKM Koordinationsstab SARS-CoV-2/COVID-19" im Innenministerium. Der Falter berichtet, dass die Experten bereits früh vor Engpässen bei Schutzausrüstung warnten, ihre Warnungen aber zu spät aufgegriffen worden seien.
Mit den neuen, dem Falter vorliegenden Dokumenten lässt sich nun dokumentieren, wie umstritten Kurz’ Corona-Strategie innerhalb der Expertenschaft, die die Regierung berät, war. Sie decken die sicherheitspolitische Sorglosigkeit auf, die seit Jahren das nationale Krisenmanagement prägt. Sie dokumentieren die daraus folgende Hektik und Improvisation nach der Vollbremsung des öffentlichen Lebens am 16. März.