Weil die Lageberichte des Robert-Koch-Instituts nicht alle zu Covid-19 vorliegenden Daten zentral aufführen, kommen Gerichte, die sich auf das RKI beziehen müssen, mitunter zu falschen Entscheidungen. Zu diesem Schluss gelangt Oliver Märtens, der bei einer großen deutschen Bank für Korruptionsbekämpfung zuständig ist, in einer Analyse für das politische Special Interest Magazin Multipolar.
Am Beispiel eines Gerichtsentscheids zeigt Märtens akribisch auf, wie Gerichte auf die Lageberichte des RKI zugreifen. Doch genau die enthielten nur «fragmentierte» Informationen zum Corona-Geschehen. Diese Fragmentierung sei der Tatsache geschuldet, dass die Informationen an verschiedenen Tagen und vor allem in unterschiedlichen Formaten publiziert würden.
«Das Robert Koch-Institut fragmentiert seine Informationen sogar zwischen den täglichen Lageberichten derselben Berichtswoche sowie zwischen seinen expliziten COVID-19- und (vorwiegend) Influenza-Berichten. (Beispiele: Entwicklung der Testpositivenraten, SARS-CoV-2-Nachweis im Influenza-Sentinel, Intensivbettenbelegung, SARI-Zahlen, GrippeWeb)», schreibt Märtens.
Richter aber würden bei der Entscheidungsfindung oft lediglich auf einen Report zugreifen — und somit keinesfalls das Gesamtbild erfassen.
Märtens Analyse schließt daher mit einer deutlichen Mahnung an die Adresse der Justiz:
«Und da Gewaltenteilung bedeutet, dass sich die Gewalten wechselseitig begrenzen und kontrollieren, täte hier der Judikative ein kritisches Hinterfragen der Exekutive – in diesem Fall des RKI – sehr gut: Akkommodierendes (also anpassendes) Verhalten der Gerichte ist ganz klar ein Schritt in die falsche Richtung, nämlich faktisch zur partiellen Aufhebung der Gewaltenteilung, wie sie sich leider bereits zwischen Legislative und Exekutive in den sehr weitgehenden Ermächtigungen des novellierten Infektionsschutzgesetzes zugunsten des Bundesgesundheitsministeriums widerspiegelt».