Der Titel dieses Artikels mag erstaunen. Doch tatsächlich ist nach der Regelung der Covid-19-Verordnung jeder Mensch von der Maskenpflicht ausgenommen, der besondere Gründe dafür glaubhaft machen kann. Wer diese besonderen Gründe nicht geltend macht, trägt die Maske somit aus eigener Überzeugung.
Artikel 3b Absatz 2 ff. der gültigen Covid-19-Verordnung besagt, dass folgende Personen von der Pflicht zum Tragen einer Gesichtsmaske ausgenommen sind:
«Personen, die nachweisen können, dass sie aus besonderen Gründen, insbesondere medizinischen, keine Gesichtsmaske tragen können.»
Das Wort «insbesondere» bedeutet gemäss Duden: «vor allem, im Besonderen». Aber – und das ist sehr wichtig – es heisst nicht «ausschliesslich». Somit müssen all jene, die besondere Gründe zum Nichttragen einer Maske geltend machen können, diese folgerichtig auch nicht tragen.
Was besondere Gründe sein sollen, beantwortet der Bundesrat in seiner Verordnung nicht. Auch ein Gerichtsurteil fehlt bis anhin zu dieser Frage.
Die Glaubhaftmachung von weltanschaulichen Gründen bewährt sich in der Praxis am besten. Der folgende Satz genügt: «Meine Weltanschauung verbietet mir das Tragen einer Maske». Denn die eigene Weltanschauung ist durch die Bundesverfassung und auch durch die geltende Rechtspraxis besonders geschützt:
In Art. 15 Absatz 2 der Bundesverfassung über die Glaubens- und Gewissensfreiheit steht:
«Jede Person hat das Recht, ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung frei zu wählen und allein oder in Gemeinschaft mit anderen zu bekennen.»
Der Grund der eigenen Weltanschauung lässt am wenigsten Spielraum für Gegenargumente, denn die Glaubhaftmachung – eine solche Weltanschauung zu haben – genügt bereits ausreichend. Dieses Argument liefert im Gegensatz zur Nennung von wissenschaftlichen Studien oder statistischen Zahlen keinerlei Spielraum. Zudem ist die Glaubens- und Gewissensfreiheit im schweizerischen Recht sehr hoch angesiedelt.
Der Bundesrat hat in seiner Erläuterung zur Covid-19 Verordnung im Auftrag des EDI am 28. Oktober 2020, also vier Monate nach dem Erlass der Covid-19 Verordnung, auf eine Strafenregelung verzichtet:
«Auf eine Pönalisierung («Bestrafung», Anm. d. Red.) von Verhaltensweisen von Privatpersonen, die sich nicht an
die Regeln dieser Verordnung halten, wird angesichts der im Zentrum stehenden Eigenverantwortung und mit Blick auf das Verhältnismässigkeitsprinzip verzichtet.»
Inzwischen wurde die Verordnung zwar ergänzt und gewisse Verstösse unter Busse gestellt. So besagt Artikel 13f, dass Personen mit einer Busse bestraft werden, die «vorsätzlich oder fahrlässig keine Gesichtsmaske» tragen. Doch von dieser Busse ausgenommen sind wiederum Personen, die aus besonderen Gründen (Artikel 3b Absatz 2) keine Maske tragen können.
Es kann also niemand, der aufgrund der genannten Gründe keine Maske tragen kann, wegen eines Verstosses gegen die Covid-19-Verordnung bestraft werden. Trotzdem werden immer wieder Strafandrohungen ausgesprochen und Bussen durch Polizeibeamte und Sicherheitspersonal ausgestellt. Diese Bussen bleiben dann allerdings bei den Staatsanwaltschaften liegen oder die Verfahren werden eingestellt.