Prof. Pietro Vernazza, Chefarzt Infektiologie am Kantonsspital St. Gallen äussert sich auf seinem Blog www.infekt.ch zu den jüngsten Feststellungen der Gruppe Drosten zum Thema «Kinder und Corona». Vernazza stellt fest, dass Drostens Beobachtung einer in etwa gleichmässig verteilten Viruslast über alle Altersgruppen hinweg wohl zutreffend sei. Daraus aber auf eine entsprechende Infektiosität zu schliessen, sei fachlich nicht haltbar. Denn Vernazzas eigene jahrzehntelangen Forschungen zur HIV-Übertragung hätten gezeigt, dass nicht von Viruslast auf Infektiosität extrapoliert werden könne: Infektiosität hänge von weiteren Faktoren ab.
Vernazzas Kritik geht aber über diesen Fakt hinaus, sie betrifft auch die Grundsätze seriöser Forschungspraxis. Er bedauert insbesondere, dass der an sich übliche und dringend notwendige Fachdiskurs (Peer-Review) im Zuge eines hyper-medialisierten Forschungsgebarens auf der Strecke bleibe. Vernazza: «Bei diesem raschen Austausch von Informationen sind [ fachliche]
Diskussionen – wie man sieht – fast nicht mehr möglich. Diese hektische Auseinandersetzung mit diesen wichtigen Themen macht es nicht einfach, die eigentlichen Fragen fundiert zu diskutieren. Unserem Motto ‚follow the science’ treu zu bleiben, wird immer schwieriger.»