Die Anzahl der positiven Coronatests steigt, doch Hospitalisierungen und Todesfälle in Zusammenhang mit Covid-19 verbleiben seit Monaten auf sehr tiefem Niveau. Wie passt das zusammen?
Dr. Andreas Heisler*: Das liegt an der stark gesteigerten Anzahl an Tests und dem Test selbst. Dieser ist nicht validiert und nicht für klinische Diagnosen geeignet. Ein positiver PCR-Test macht keine Aussage über eine akute Infektion, weil er nicht ganze Viren, sondern Virenschnipsel nachweist. Wenn die Durchseuchung der Bevölkerung gering ist und wie jetzt symptomlose Menschen getestet werden, führt dies zu vielen falsch-positiven Ergebnissen. Hinzu kommen Kreuzreaktionen mit anderen, nicht humanpathogenen Coronaviren, die nicht ausgeschlossen werden können. Tragisch ist: Auf diesen Tests beruhen weltweit alle Massnahmen, vom Maskentragen bis zu den Lockdowns.
Sie sind Hausarzt in Ebikon und machen Notfalldienst im Kantonsspital Luzern. Wie haben Sie die Coronakrise an der Front erlebt?
Wir zählen zu den grössten Praxen im Kanton Luzern. Im Jahr haben wir 2000 Patienten, wovon überdurchschnittlich viele älteren Jahrgangs sind. Unsere Erfahrungen sind also nicht ganz unrepräsentativ. Bis zur Schliessung am 11. August registrierten wir nur zwei Coronafälle. Als ich Ende März, also während dem Gipfel der Pandemie, erstmals Notfalldienst am Kantonsspital hatte, war es da geradezu gespenstisch ruhig.
Was bedeutet das?
Dass Sars-CoV-2 weder so ansteckend noch so tödlich ist, wie überall gesagt wird. Bis heute sind im Kanton Luzern von über 400000 Menschen nur 23 an oder mit Covid-19 gestorben. Und das liegt sicher nicht an den Schutzmassnahmen, denn zum Zeitpunkt des Lockdowns war die Infektionskurve bereits am Abflachen, ein exponentielles Ansteckungsrisiko hat nie bestanden. Die Massnahmen, die getroffen wurden und weiterhin getroffen werden, sind absolut unverhältnismässig.
Weshalb haben Sie Ihre Praxis am 11. August schliessen müssen?
Weil ich sozusagen meinen persönlichen Lockdown erlebt habe. Meine beiden Co-Ärztinnen und die medizinischen Praxisassistentinnen haben gekündigt und sich teilweise gleich krankschreiben lassen. Ich liess es ihnen frei, eine Maske zu tragen. Doch mit meiner Handhabe waren sie nicht einverstanden.
Ihren Heimarzt-Vertrag haben Sie bei der Gemeinde Ebikon auf Ende Jahr gekündigt. Weshalb?
Weil mit Corona eine irrationale Angst und eine völlige Abkehr von allen ethischen Grundlagen einherging, die zumindest mir in der Altersmedizin heilig sind. Das Prinzip «nicht schaden» und die Autonomie des Patienten sollten über allem stehen. In den Heimen wurden die Menschen aber nicht gefragt, ob und wie sie geschützt werden wollen. Mit ihren Sorgen bin ich bei meinen wöchentlichen Visiten bis zur eigenen psychischen Erschöpfung konfrontiert worden.
Was sprechen Sie damit an?
Einsamkeit, soziale Deprivation und Bewegungsmangel sorgen für psychische und körperliche Schädigungen. Nur schon mit einer Mund-Nasen-Maske einem dementen Menschen gegenüber zu treten, ist völlig unverhältnismässig. Hier läuft alles über non-verbale Kommunikation und den Körperkontakt. Die Menschen haben geweint und mich gefragt, warum man sie nicht besuchen komme. Selbst die Senioren im betreuten Wohnen wurden pauschal eingesperrt, anstatt nach individuellen Lösungen zu suchen. Mir wurde von der Heimleitung aber mitgeteilt, dass ich als Arzt hier überhaupt nichts zu sagen hätte.
Menschen mit anderer Meinung werden zu Coronazeiten zumeist als Verschwörungstheoretiker, Impfgegner oder sogar Rechtsradikale bezeichnet. Sie haben die Interessensgemeinschaft «Aletheia» mitbegründet und traten an Demonstrationen und Infoveranstaltungen als Redner auf. Was bezwecken Sie damit?
Voten, welche die Schutzmassnahmen der Regierung hinterfragen, sind generell nicht erwünscht. Mit «Aletheia», der mittlerweile 80 Ärzte angehören, möchten wir auf die Kollateralschäden der Coronapolitik aufmerksam machen. Wir haben die Wahrheit nicht gepachtet, vielmehr geht es uns um einen offenen und ausgewogenen Diskurs über Verhältnismässigkeit in Medizin und Wissenschaft. Die Regierung und die Medien haben die Bevölkerung in den letzten Monaten mit einseitiger Informationspolitik nachhaltig verängstigt.
Stiessen Sie auch in Ihrer Praxis auf medizinische Kollateralschäden?
Ja, nach dem Lockdown sagten mir ältere Menschen, dass sie nun zum ersten Mal seit sechs Wochen wieder aus dem Haus gegangen seien. Sie litten unter Muskelabbau, Gewichtszunahme, schlechteren Zuckerwerten, höherem Blutdruck und erhöhter Sturzgefahr. Dabei möchte ich betonen, dass wir nicht über Einzelfälle, sondern vom Alltag in der Praxis reden. Die Menschen hatten lange Angst vor einer Ansteckung oder sie kamen nicht, weil sie dachten, dass wir so viel zu tun hätten.
Wie sehen die Konsequenzen aus, wenn kranke Menschen nicht zum Arzt gehen?
Ein Patient ging erst ins Spital, als die Schmerzen im Unterleib unerträglich wurden. Während den drei Stunden, in denen er auf das Ergebnis des PCR-Tests wartete, kam es zum Blinddarmdurchbruch. Vier anstatt einer Operation wurden nötig. Eine schwangere Frau mit Fieber erhielt andernorts am Telefon den Rat, eine Woche zu Hause zu bleiben. Zum Glück kam sie am Tag darauf zu mir. Ich stellte eine Nierenbeckenentzündung fest, die mit einer Blutvergiftung tödlich enden kann. Auffallend war zudem die sinkende Zahl an Herzinfarkten und Schlaganfällen, da wurden wohl Diagnosen verpasst. Stark zunehmend sind dafür psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen. Und das ist erst der Anfang, davon werden noch mehr kommen. Es ist schlimm, was derzeit in der Medizin abläuft.
Die Genfer Virologin Isabella Eckerle fordert sogar eine Maskenpflicht für Primarschüler. Sollten aber nicht gerade Kinder in Kontakt mit Viren kommen, um das eigene Immunsystem auszubilden?
Ich weiss nicht, ob es ihr um die Kinder oder um die Karriere geht. Diese Forderung ist eine Katastrophe und darf nicht unwidersprochen bleiben. Das Immunsystem des Menschen ist wie ein Muskel. Er muss trainiert werden, Social Distancing und das Tragen von Masken sind da kontraproduktiv. Auf diese Weise laufen wir Gefahr, dass wir in Zukunft mehr Menschen wegen mangelhafter Immunkompetenz oder mit Allergien zu behandeln haben. Masken machen im Operationssaal, bei einer Wundversorgung in der Praxis und bei der Behandlung von Patienten mit gravierenden Lungenerkrankungen während der Grippezeit Sinn. Alles andere ist aus medizinischer Sicht nicht gerechtfertigt und sogar gesundheitsschädlich. Der CO2-Wert hinter der Maske steigt, der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt und die kognitive Leistung fällt um bis zu 20 Prozent.
In den Mainstream-Medien hiess es, dass Sie Maskendispensen ohne Untersuchung des Patienten verschicken. Stimmt das und falls ja, weshalb tun Sie dies?
Das ist verzerrt wiedergegeben worden. Natürlich lasse ich mir die gesundheitlichen Gründe schildern, die eine solche Maskendispens sinnvoll erscheinen lassen. Andererseits bin ich als Arzt aufgerufen, Schaden von den Menschen und Patienten abzuhalten. Interessanterweise hat die Blickreporterin, die sich mit Nachdruck ein Maskenzeugnis erschleichen wollte, gar keines erhalten!
Nun ist auch das Luzerner Gesundheitsdepartement auf Sie aufmerksam geworden. Drohen Ihnen behördliche Konsequenzen?
Ein offizielles Verfahren gegen mich ist meines Wissens noch nicht eingeleitet worden. Ich hatte aber bereits einen Brief vom Luzerner Kantonsarzt Dr. med. Roger Harstall erhalten. Er hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich das behördlich angeordnete Schutzkonzept einzuhalten habe, sonst drohten mir Sanktionen wie Kontrollen und Bussen bis hin zur Praxisschliessung und Berufsverbot.
Während des Lockdowns war die Aufforderung, zu Hause zu bleiben, allgegenwärtig. Hinweise zur Stärkung des Immunsystems hörte man indes kaum.
Die Coronamassnahmen haben dem Immunsystem der Menschen geschadet. Bewegung an der frischen Luft ist der Grund dafür, weshalb heute viele ältere Menschen fit sind. Wichtig ist auch eine ausgewogene Ernährung. Bei der Regierung scheint aber das Warten auf den Impfstoff Priorität zu haben. Ich bin weder Coronaleugner noch Impfgegner, sondern Nassrasierer. Daher muss ich mich jeden zweiten Tag im Spiegel betrachten können, sonst würde ich mich jedes Mal verletzen. Einen Impfstoff, der dank verkürzten Zulassungsverfahren nicht auf mögliche Langzeitnebenwirkungen geprüft wird, werde ich daher weder mir noch meinen Patienten verabreichen.
Obduktionen des Hamburger Rechtsmediziners Professor Klaus Püschel an 180 verstorbenen Covid-19-Patienten zeigen, dass fast 50 Prozent an Thromboembolien starben. Ist dies auf die fehlende Bewegung der älteren Menschen zurückzuführen?
Herr Professor Püschel äussert sich in diese Richtung: die Thromboembolien sind nicht auf die Covid- Erkrankung spezifisch zurückzuführen, sondern stellen einen weiteren Hinweis für den Schaden der behördlich veranlassten Massnahmen dar. Ohne die verordnete Immobilisierung der über 65-Jährigen mit den Slogans «Bleiben Sie zu Hause – retten Sie Leben» hätten diese Patienten möglicherweise die Infektionserkrankung überlebt.
Am 2. Oktober eröffnen Sie die Praxis in Ebikon mit neuem Team. Wie schauen Sie den nächsten Monaten entgegen?
Ich werde keine Coronatests in der Praxis durchführen, denn sie helfen mir nicht bei der Behandlung der Patienten. Es ist für mich viel wichtiger, die Patienten ausgiebig zu befragen und eingehend körperlich zu untersuchen, so wie ich das bei jeder Grippewelle erfolgreich gemacht habe. Blutwerte und ein Röntgenbild können im Einzelfall helfen, die richtige therapeutische Entscheidung zu fällen. Und natürlich freue ich mich, dass ich nach siebenwöchiger Abstinenz wieder das machen darf, was mir am meisten Spass macht: mich vollumfänglich um «meine» Patientinnen und Patienten kümmern.
* Dr. med. Andreas Heisler ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Präsident der MPA-Kommission des Kantons Luzern und seit 16 Jahren niedergelassener Hausarzt, davon sieben Jahre als Inhaber der Rontal Praxis in Ebikon.
Interview: Stephan Santschi, freischaffender Journalist