Am 9. April 2021 veröffentlichte Alexandra Kedves, Kulturredaktorin beim Tages-Anzeiger, eine «Analyse zum Impfneid». In diesem Stück mit dem Titel «Mein pandemisches Psychokrämpfli» analysiert Kedves jedoch lediglich ihren eigenen Impfneid. Was als ehrliches Geständnis der eigenen Ängste daherkommt, fügt sich perfekt in das offizielle Narrativ ein und schürt weitere Ängste in der Bevölkerung.
Es ist tragisch, dass der mediale Psychoterror solche Reaktionen verursacht, doch letztendlich steht es Jedem frei, ihn unkritisch aufzunehmen oder ihn zu hinterfragen. Von einer Journalistin - wenn auch für die Kultur zuständig und nicht für die Wissenschaft - dürfte man jedoch einen etwas breiteren wissenschaftlichen Horizont und eine differenziertere Herangehensweise erwarten.
Doch sie schreibt ja für den Tages-Anzeiger, da ist objektiver und ausgewogener Journalismus unerwünscht. Indem Kedves ihre irrationale Angst, immer noch als Ungeimpfte herumzulaufen, exhibitionistisch offenlegt, trägt sie dazu bei, den «Impfneid» zur Normalität zu machen und die Krise auf ein hysterisches Wettrennen um die Impfung zu reduzieren.
Kedves freut sich zwar unkritisch, dass in den USA bereits 110 Millionen Menschen zumindest eine Erstimpfung erhalten haben, also 41 Prozent aller Amerikaner über 16 Jahre. Sie meint dazu, es sei toll, was Wissenschaft und Verwaltung turbomässig stemmen könnten, wenn es not tue. Es sei wunderbar, dass so viele Menschenleben gerettet und alte Freiheiten wieder gewonnen würden. Jeder Geimpfte trage zur weltweiten Herdenimmunität bei.
Doch nach diesem Loblied auf die Pharmaindustrie, die korrupte Wissenschaft und die ebenfalls korrupte Politik, kommt bei Kedves der Neid hoch. Sie schreibt:
«Aber haben Sie es auch verspürt, dieses kurze neidische Zwicken, als der junge und kerngesunde US-Bekannte vom anstehenden Impftermin für sich und seine Freundin erzählte? Dieses – psychologisch akribisch erforschte – Warteschlangen-Wutanfällchen, das sich aus dem unschönen Gefühl des Zukurzgekommenseins speist.»
Kedves piekse halt dieses eklige «Will auch!»-Gefühl. Die englischsprachigen Medien würden hier von «Jab Jealousy» (Spritzen-, beziehungsweise Impf-Neid) sprechen. Kedves zitiert dann den Dichter John Dryden, der im 17. Jahrhundert schrieb: «Neid ist die Gelbsucht der Seele». Sie meint:
«Definitiv ungesund. Anders gesagt: ein blödes pandemisches Psychokrämpfli.»
Ihr Partner sei über 55 Jahre alt und müsse jeden Tag ungeimpft Präsenzunterricht in wechselnden Gymi-Klassen halten, schreibt Kedves. Sie selbst wage sich bloss mit FFP2-Maske in den Laden, und nur wenn es denn sein müsse. Ihr einziger Freizeitspass sei einsames Jogging im Wald. Und wer wisse, welche Käfer die vier Kids heimbringen würden. Die dritte Welle mit den hochansteckenden Mutationen rolle ja soeben an.
Neben den USA lobt Kedves auch Israel und Grossbritannien für ihre Impfstrategie und kritisiert den «Pharma-Hotspot Schweiz». Der Grund, weshalb es im Ausland «deutlich besser» liefe als in der Schweiz, sieht sie darin, dass man sich, «getreu der reinen neoliberalen Lehre, staatlich partout nicht recht engagieren wollte.»
Den Seitenhieb gegen den Neoliberalismus könnte man ja noch goutieren, doch erstens ignoriert Kedves, dass momentan echtes staatliches Engagement von einer kleinen Clique an der Spitze des Staates verunmöglicht wird. Zweitens ignoriert sie, dass gegenwärtig auch die freie Marktwirtschaft ausser Kraft gesetzt ist und dass die kleine Clique an der Spitze mit unter Verschluss gehaltenenen Verträgen die Impfstoffe mit Steuergeldern einkauft.
Drittens ignoriert Kedves, wieso die Schweiz überhaupt zu einem «Pharma-Hotspot» geworden ist: Weil die entsprechenden Institutionen und Ämter durch Korruption seitens Pharmaindustrie geprägt sind und mit etlichen deren Vertreter besetzt sind. Und zuletzt ignoriert die Kulturredaktorin, dass die Pharmaindustrie, durch ihren Einfluss auf die WHO und deren bindende Verträge mit den einzelnen Ländern, das Zepter in der Hand hält und die ganze Welt in Geiselhaft genommen hat.
Kedves scheint gerade noch genügend Beobachtungsgabe aufzubringen, um zu erkennen, dass «trotz Impfung die Welt nirgends wie früher ist.» Doch die einzigen ungeklärten Fragen, die sie beschäftigen, lauten: «Wie lange hält die Impfwirkung an? Wie gut schützt der ‹Jab› gegen Mutanten?»
Dass die Impfung wirke, «sogar die problematische von AstraZeneca», steht für Kedves ausser Frage. Sie kritisiert dann Airhostessen und «eine aus medizinischen Gründen priorisierte Kollegin» die auf die Impfung verzichten sowie «impfunwillige» Pflegerinnen und Pflegern. Das löse bei ihr Kopfschütteln aus. Sie würde sofort mit ihnen tauschen. Zum Schluss fragt Kedves:
«Kennen sie keine Fomo, «fear of missing out»: die Furcht, etwas zu verpassen? Oder schlicht die Angst vor einer Covid-19-Erkrankung mit ungünstigem Verlauf? Immerhin: In einem Jahr wird man hoffentlich gar nicht mehr wissen, was das Wort ‹jab jealousy› mal bedeutet hat.»
Wenn das die Stimmung ist, die in den Redaktionen des Tages-Anzeigers herrscht, ist dessen alarmistische Berichterstattung nicht verwunderlich. Ob sich Kedves’ Kollegen aus der Wissenschaftsredaktion wohl auch nur mit FFP2-Maske unter die Menschen getrauen?