Obwohl der Grossteil der Menschen, die mit Sars-CoV-2 in Kontakt geraten, keine Symptome entwickeln, und ein weitaus geringerer Teil allenfalls über leichte grippeähnliche Beschwerden klagt, erkrankt ein kleiner Teil der Infizierten schwer.
Bei der Suche nach möglichen Ursachen für schwere Krankheitsverläufe ist Wissenschaftlern jetzt möglicherweise ein Durchbruch gelungen, wie zwei Studien zeigen, die im Fachmagazin Science publiziert wurden.
Offensichtlich spielen Defekte in der körpereigenen Immunabwehr dabei eine grosse Rolle. Dazu untersuchte ein internationales Team um den Infektionsgenetiker Jean-Laurent Casanova an der New Yorker Rockefeller Universität Blutproben von knapp eintausend Menschen, die an einer schweren Covid-19-Erkrankung litten. In jeder zehnten Probe fanden die Forscher Antikörper, die sich gegen das körpereigene Interferon richteten. Das heisst, die Antikörper erkannten einen körpereigenen Botenstoff fälschlich als feindlich und neutralisierten ihn.
Das hatte zur Konsequenz, dass bei diesen Patienten das Immunsystem durch eine Autoimmunreaktion lahmlegt worden war und dadurch den Corona-Erreger nicht erkennen konnte.
«All diese Befunde deuten stark darauf hin, dass diese Autoantikörper bei einigen Menschen tatsächlich der Grund für ihre schwere Erkrankung sind und nicht die Folge der Infektion», erklärte Casanova.
Erstaunlicherweise überschneiden sich die weiteren Daten mit den bisherigen Fallanalysen über Geschlecht und Alter der schwer Erkrankten: Unter den 101 gefundenen Fällen mit den speziellen Antikörpern waren 95 männlich und jeder zweite über 65 Jahre alt.
Eine zweite Studie fokussierte im Zusammenhang mit der gestörten Immunantwort auf mögliche genetische Veränderungen:
13 Genabschnitte, die schon früher als mitverantwortlich für einen Defekt im Interferon-Mechanismus bekannt waren, spielen auch bei schweren Covid-19 Fällen eine Rolle. Bei 3,5 Prozent der Schwererkrankten fand sich die Genanomalie. In der Kontrollgruppe mit milden Covid-Verläufen konnte diese Genveränderungen nicht festgestellt werden.
Bekannt ist schon länger, dass Betroffene mit Mutationen in den fraglichen 13 Genabschnitten ein deutlich höheres Risiko für einen lebensgefährlichen Infektionsverlauf haben können – auch bei einer Grippe.