«Ist es rassistisch, wenn eine weisse Frau Sushi verkauft?», so die Headline eines Beitrags des Online-Magazins Spiked. Darin wird erzählt, wie eine Australierin in New York City unter anderem als «Kolonisatorin» gebrandmarkt wurde, nur weil sie als Nicht-Asiatin ihr Sushi-Restaurant «Australian Sushi Counter» eröffnet hatte. Lauren Smith, Verfasserin des Artikels:
«In der jüngsten Episode der Cancel Culture versucht das Internet nun, das Leben einer Frau zu ruinieren, weil sie ein Sushi-Restaurant eröffnet hat.»
Auslöser des Ganzen sei ein gewisser Eric Rivera gewesen – ein Koch und Gastronom. Er hätte mitbekommen, wie die Australierin, genannt «Sushi Sheila», auf TikTok dokumentiert hätte, dass sie ihren Job in einem Unternehmen gekündigt hatte, um dann ihr eigenes Restaurant im Big Apple zu eröffnen. Smith:
«Ihre Videos waren harmlos und zeigten, wie sie neue Rezepte ausprobierte, Zutaten und Möbel kaufte und ihr Restaurant einrichtete. Aus irgendeinem Grund machte dies Eric Rivera wütend. In einem Posting auf X an seine mehr als 15’000 Follower machte sich Rivera über ‹Sushi Sheila› lustig und nannte sie eine ‹Kolonisatorin›, weil sie als weisse Australierin Sushi verkaufe. ‹Wenn Sie nicht sehen, warum das ein Problem ist›, so Rivera, ‹dann sind Sie Teil des Problems›.»
Riveras Tweets hätten daraufhin einen Shitstorm ausgelöst. Viele hätten die Frau der «Gentrifizierung» und «kulturellen Aneignung» beschuldigt. Ein besonders aggressiver Nutzer hätte ihr Geschäft beschrieben als «kolonisierten Sushi-Laden, der von einer Frau geführt wird, die glaubt, es besser zu können als echte Japaner».
Die Leute hätten dann sogar angefangen, auf der Google-Maps-Seite von «Australian Sushi Counter» Ein-Sterne-Bewertungen zu hinterlassen, um ihrer Wut Ausdruck zu verleihen.
Dabei hätte «Sushi Sheila» entgegen den Behauptungen ihrer Kritiker nicht einmal behauptet, «authentisches» japanisches Sushi zu verkaufen. Das Alleinstellungsmerkmal von «Australian Sushi Counter» sei, dass es Sushi nach australischer Art verkaufe. Wie überall sei halt auch in Australien das Sushi an den lokalen Geschmack angepasst worden. Smith:
«In Down Under wird Sushi in der Regel als grosse, ungeschnittene Rollen verkauft und enthält typischerweise Füllungen wie Teriyaki-Rindfleisch, gekochten Thunfisch oder scharfe Garnelen. Es ist unwahrscheinlich, dass Sushi in Japan auf diese Weise verkauft wird – genauso wie Tikka Masala, obwohl es in britischen Curry-Häusern ein Grundnahrungsmittel ist, kein ‹authentisches› indisches Gericht ist.
Es handelt sich hier nicht um eine ‹Kolonialisierung›, sondern um das natürliche Ergebnis zweier Kulturen, die in unmittelbarer Nähe zueinander leben und sich über Jahrzehnte hinweg vermischen. Die daraus resultierende Innovation ist sicherlich etwas, das man feiern sollte, anstatt es als ‹kulturelle Aneignung› zu verspotten.»
Im Übrigen sitze Rivera, der so besorgt getan hätte über die behauptete «kulturelle Aneignung», im Glashaus und sollte nicht mit Steinen werfen. So hätten «Internetschnüffler» schnell heraus gefunden, dass Rivera, der puerto-ricanischer Abstammung sei, laut einem Artikel von Ende 2022 geplant hätte, ein puerto-ricanisch-japanisches Fusionsrestaurant in North Carolina zu eröffnen.
Zudem vertreibe er mehrere Kochbücher, in denen er puerto-ricanische Gerichte mit japanischer, koreanischer, chinesischer, französischer und italienischer Küche kombiniert. Smith:
«Ich frage mich, ob seine 23&Me-Ergebnisse [= Chromosomensatz] ihn dazu qualifizieren würden, sich all diese verschiedenen Kulturen ‹anzueignen›.»
Derweil hätte sich in einer letzten Wendung der Geschichte im Internet eine Pro-«Sushi-Sheila»-Fraktion gebildet, um sie vor dem Ruin zu schützen. Nutzer auf X hätten die Ein-Sterne-Bewertungen für «Australian Sushi Counter» bei Google erfolgreich mit ihren eigenen Fünf-Sterne-Bewertungen konterkariert. Jetzt hätte sie eine Durchschnittsbewertung von 4,5-Sternen.
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