In Grossbritannien hat die Geschichte der 93-jährigen Lucy grosses Aufsehen erregt. Die alte Dame ist von relativ guter Gesundheit – offiziell auf Stufe 3 (auf einer Skala von 1 = sehr fit bis 9 = todkrank).
Einen Tag nach dem Besuch eines Mitarbeiters des staatlichen Gesundheitssystems NHS wurde Lucy ein Umschlag mit einem rot umrandeten Warnschild zugestellt. Damit werden Ärzte, Krankenschwestern und Notfallsanitäter angewiesen, keine lebensrettenden Massnahmen zu ergreifen. Bekannt ist das Dokument als DNAR (Do Not Attempt To Resuscitate Order), unterschrieben war es von dem für die sogenannte frailty review (Gebrechlichkeitseinschätzung) zuständigen Mitarbeiter, der sie am Tag zuvor besucht hatte. Die Anweisung wurde auch an ihren Hausarzt geschickt.
«Ich war schockiert, dass der NHS mich nicht retten wird», sagte Lucy der Zeitung Daily Mail. «Wenn ich zusammenbreche, weigern sie sich, mich wieder auf die Beine zu bringen.»
Die Massnahme ist Teil des Versuchs des National Health Service, eine Überlastung der Spitäler zu verhindern. Im Rahmen dieser Initiative werden Individuen ermutigt, frühzeitig Entscheidungen über eine «fortgeschrittene Pflege» (advanced care) zu treffen und ein DNAR zu unterzeichnen.
Lucy ist keineswegs ein Einzelfall. Gemäss der Care Quality Commission ist vielen älteren Menschen ohne ihre Zustimmung oder die ihrer Familien ein DNAR zugestellt und in ihre Krankenakten aufgenommen worden.