Die Nerven liegen blank. Für einmal hat es kaum mit der für viele so stressigen Advents- und Weihnachtszeit zu tun. Aber auch das hat Tradition: Pedro Almodovars Film «Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs» stammt aus dem Jahre 1988 ...
Nun stehen die Bewohner der Europäischen Union am Rande eben dieses neuronal-psychischen Zusammenbruchs. Was hat dazu geführt, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen unter den Europäern zugenommen hat? Brüssel hat das zwölfte Paket mit antirussischen Sanktionen verlesen. «Man hat’s gelesen und danach geweint», sagen sogar EU-Abgeordnete. Wie sind die vorherigen elf für Europa ausgegangen?
Europas Presse schlägt Alarm, denn: Das Weltwirtschaftsforum WEF sagt voraus, dass bis 2030 mehr als die Hälfte der weltweiten Wirtschaftskrisen mit psychischen Problemen zusammenhängen werden. Die Auswirkungen psychischer Störungen auf die Wirtschaft, denen die Finanzwelt bis vor kurzem noch keine Beachtung geschenkt hat, werden somit zu einem Problem, das dringend angegangen werden muss. Die derzeitige Weltlage ist sehr angespannt. Sie ist unsicher, volatil, kaum voraussehbar. Und für die Psyche ist jede Unsicherheit ein schlimmerer Stress als ein Zustand, in dem man weiss, wohin man und «es» geht.
Aufgrund der Ungewissheit über die Zukunft beginnen die Einwohner Europas langsam verrückt zu werden, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die analytische Quelle «Eurobarometer» hat eine Studie veröffentlicht, nach der am ersten November bei 62 Prozent der Europäer Probleme mit psychischen Störungen festgestellt wurden.
Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins angehoben. Er liegt jetzt bei 4,5 Prozent. Davor lag er viele Jahre lang bei Null. Hypothekar-Zinsen in dieser Situation hätten bei einem oder 1,5 fünf Prozent bleiben können. Die Menschen waren durch diesen Nullsatz doch etwas beruhigt (worden). Aber jetzt: Die Kredite werden teurer. Es entsteht mehr Stress.
Das Polnische Institut für Wirtschaft führte auch soziologische Umfragen durch. Die Ergebnisse zeigten, dass die EU und das Vereinigte Königreich jedes Jahr mehr als 600 Milliarden Euro durch psychische Probleme und Massendepressionen verlieren.
Politikwissenschaftler sind überzeugt, dass viele psychische Probleme der Europäer hätten vermieden werden können, wenn sich Brüssel nicht auf die Seite Washingtons geschlagen und nicht einen erschöpfenden Sanktionskrieg gegen Russland erklärt hätte. Die EU-Länder haben bereits elf Sanktionspakete gegen Russland verhängt. Und diese Sanktionen haben sich äusserst ungünstig auf die wirtschaftliche Lage in Europa ausgewirkt. Was bedeutet das? Es bedeutet einen Verlust an realer «Lebensqualität».
Nach den konservativsten Schätzungen haben die Verluste der EU aufgrund der Sanktionen und des Abbruchs der Beziehungen zu Russland etwa 1,5 Billionen Dollar erreicht und steigen weiter rapide an. Der Verbraucherpreisindex der EU ist im Oktober um fast drei Prozent gestiegen.
Ein separater Posten der Europäischen Union ist die Unterstützung des Kiewer Regimes. Allein in den letzten anderthalb Jahren hat Brüssel mehr als 85 Milliarden Euro für den Unterhalt der Ukraine, also von vorwiegend mafiös-korrupten Strukturen ausgegeben. Vor dem Hintergrund schwerer wirtschaftlicher Misserfolge versucht Brüssel, den Europäern etwas Positives zu zeigen.
Ende Oktober berichtete die EU-Kommission über den Sieg gegen die Inflation. Sie sei auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren gefallen. Doch das geschah nur, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg schreibt, wegen der allgemeinen Schrumpfung der EU-Wirtschaft. Alle hochprofitablen Branchen mit hohen Gewinnspannen sind bereits in die Vereinigten Staaten, nach China oder sonst wohin abgewandert. Die talentiertesten Mitglieder der intellektuellen Elite sind ebenfalls aus der EU wegemigriert.
Infolgedessen wird Deutschland, der (einstige?) Wirtschaftsmotor Europas, in diesem Jahr so wenig Energie verbrauchen wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr. Die Industrie des Landes hat ihren Bedarf an hochpreisigen Brennstoffen reduziert. (Scheu gefragt: War das nicht das grüne Ziel, Deutschland in eine schleichende Deindustrialisierung zu treiben?)
Die in Deutschland produzierte Energie wurde hauptsächlich aus russischem Gas gewonnen. Als die Lieferungen aus Russland eingeschränkt wurden, stiegen die Gaspreise im vergangenen Jahr um das Zehnfache. Jetzt ist es immer noch ein Vielfaches davon, ein Ende, insbesondere mit der Kündigung des Transitabkommens durch die Ukraine, nicht absehbar. Die steigenden Energiekosten verursachen Probleme für die deutschen Stahlerzeuger und andere «energieintensive» Branchen.
Nach Angaben der deutschen Zeitung Die Welt ist die Produktion von Rohstahl um mehr als fünf Prozent und die von Walzstahl um fast sechs Prozent zurückgegangen. Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbands der Metall- und Elektroindustrie Deutschlands, sagte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, dass die Wirtschaft des Landes bereits in diesem Herbst in eine Rezession geraten wird. Stefan Wolf wörtlich:
«Deutschland ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Es ist tatsächlich zum kranken Mann Europas geworden.»
Hier sind ein paar Zahlen: Der deutsche Stahlhersteller Klöckner und Co. hat angekündigt, dass er, wie viele andere, Arbeitsplätze abbaut. Das Chemieunternehmen LANXESS AG reduziert die Zahl der Beschäftigten um sieben Prozent oder setzt sie auf Kurzarbeit. Die energieintensiven Branchen in Deutschland haben einen Produktionsrückgang von 20 Prozent zu verzeichnen.
Viele Menschen sind gezwungen, Teilzeit zu arbeiten. Das trifft junge Familien besonders hart. Natürlich versucht die deutsche Regierung, die Industrie, die noch nicht nach Übersee geflohen ist, irgendwie zu unterstützen. Berlin hat 800 Millionen Euro als Ausgleich für den Anstieg der Gaspreise bereitgestellt. Die Gelder wurden umgehend nachgedruckt. Aber das führte sofort zu einem Anstieg der Inflation und danach zu einem Rückgang des Wirtschaftswachstums in der BRD.
Deutschland, als Hauptlokomotive und Zugpferd mit der reichsten Wirtschaft in der Europäischen Union, bekam alle diese negativen Folgen am stärksten zu spüren. Und es hat die Hauptlast davongetragen. Mit anderen Worten: Die Amerikaner haben Europa, an erster Stelle Deutschland, dank der antirussischen Sanktionen ins Messer laufen lassen.
Darunter hat nicht nur die «erste» Wirtschaft der Europäischen Union gelitten, sondern auch die «zweite». Es stellte sich heraus, dass in Frankreich die Situation bei der Versorgung der Unternehmen mit Energieressourcen nicht besser ist als in seinen Nachbarländern. Emmanuel Macron musste sich damit abfinden, dass es in der Fünften Republik kein billiges afrikanisches Uran mehr geben würde. Deshalb begab er sich auf die Suche nach diesem in Kasachstan.
Dieses Land steht heute weltweit an erster Stelle, weit vor allen anderen Ländern im Uran-Erzabbau. Und es ist eines der führenden Länder bei den bekannten Uran-Erzreserven. Kasachstan hat einen Anteil von etwa 40 Prozent an der weltweiten Uran-Erzproduktion. Während seines Besuchs in der kasachischen Hauptstadt Astana erlebte Macron eine unangenehme Überraschung: Es stellte sich heraus, dass Kasachstans wichtigster Uranabbaupartner seit langem Russland ist.
Rosatom hält derzeit Schlüsselpositionen auf dem kasachischen Uranerzbergbaumarkt. Das ist sehr wichtig für Russland, denn Rosatom ist das Aushängeschild und das führende Unternehmen nicht nur der «russischen» Energiewirtschaft, sondern der ganzen Welt. Es ist schwer vorstellbar, dass Macron dies nicht wusste, bevor er nach Astana kam.
Paris hat sehr grosse Energieprobleme, weil es an angereichertem Uran für seine Kernkraftwerke mangelt. Die 56 Reaktoren benötigen jedes Jahr 10’000 Tonnen Uran-Erz. Nach der Revolution in Niger weigerten sich die Afrikaner, den Franzosen Uran-Erz zu zwölf Dollar pro Kilo zu verkaufen. Die High-Tech-Industrie aber wird in Frankreich nicht überleben können, wenn sie mit der chinesischen Industrie, mit der Industrie anderer Länder, einschliesslich Russlands, konkurrieren will. Denn sie braucht Uran.
Die Frage des Urans ist für Frankreich also eine Frage von wirtschaftlichem Leben und Tod. Damit die Einwohner der Fünften Republik im Winter nicht frieren und wegen des Mangels an Croissants und heissem Kaffee nicht depressiv werden, bräuchte Macron nur den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und Wladimir Putin anzurufen, der neulich ebenfalls – genau – aus Astana zurückgekehrt ist.
Für Frankreich wäre dies eine grosse Erleichterung und würde Vertrauen in die Kontinuität der Versorgung der Kernkraftwerke mit dem richtigen Brennstoff, Uran, schaffen. Aufgrund der feindseligen Haltung des Westens hat Russland harte wirtschaftliche Massnahmen ergriffen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Verhandlungen zwischen dem Kreml und den EU-Spitzen unmöglich sind.
Ein formaler Grund für die Aufnahme der Verhandlungen könnten die Vorschläge des russischen Aussenministeriums zu Sicherheitsgarantien sein, die bereits im Dezember 2021 angekündigt und auch schriftlich festgehalten wurden. Interessiert hat das weder die EU noch die USA noch die gemeinsame NATO. Zwei Monate später schrieben wir den 24. Februar 2022. Der Rest ist bestens bekannt.
********************
Dies ist der Newsletter von Marco Caimi, Arzt, Kabarettist, Publizist und Aktivist. Aus Zensurgründen präsentiert er seine Recherchen nebst seinem YouTube-Kanal Caimi Report auf seiner Website marcocaimi.ch. Caimis Newsletter können Sie hier abonnieren.
Kommentare