In Kriegen ist es immer besonders schwierig, Fakten von Propaganda zu unterscheiden. So auch jetzt, im wieder aufgeflammten Konflikt zwischen Israel und Palästina. So haben sich Berichte über enthauptete israelische Babys inzwischen als haltlos erwiesen (wir berichteten). Selbst US-Präsident Joe Biden hat sich hier aus dem Fenster gelehnt, doch auch das Weisse Haus musste dann zurückrudern.
Es sind ausserdem Zweifel daran angebracht, dass sämtliche israelische Zivilisten von Palästinensern umgebracht worden sind. So berichtete Yasmin Porat, die sowohl den Hamas-Angriff auf ein Trance-Festival im Grenzgebiet zum Gaza-Streifen als auch eine Geiselnahme im Kibbuz Be‘eri überlebt hat, dass viele zivile Opfer auf das Konto des israelischen Militärs und dessen rücksichtsloses Vorgehen gingen (wir berichteten).
Dies würde der sogenannten «Hannibal-Direktive» der israelischen Armee entsprechen. Dieser Direktive zufolge ist die Armee angehalten, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um eine Gefangennahme eines eigenen Soldaten zu verhindern, auch wenn dies den Tod des Gefangenen nach sich zöge. Das Ziel besteht darin zu verhindern, dass Gefangene als Verhandlungsmasse eingesetzt werden können.
Ein weiterer Vorfall widerspricht nun scheinbar dem Bild von blutrünstigen und unmenschlichen Hamas-Kämpfern, das in den Mainstream-Medien gezeichnet wird. Avital Aladjem, eine Bewohnerin des Kibbutz Holit, berichtet gegenüber CNN, wie sie sich zusammen mit einem Nachbarn in einem Schutzraum versteckt hatte, als die Qassam-Brigaden der Hamas eintrafen. Diese hätten die Tür des Schutzraums gesprengt und geschossen. Der Nachbar sei dadurch umgekommen. Aladjem habe hingegen überlebt, weil sie hinter ihm gestanden habe.
Dann nahmen die Ereignisse eine überraschende Wende: Die Hamas-Kämpfer hätten Aladjem aus dem Schutzraum gezogen und ihr gesagt, sie solle sich etwas anziehen. Dann hätten sie ihr zwei kleine Kinder in Obhut gegeben, viereinhalb Monate und vier Jahre alt. Die Mutter der traumatisierten Kinder sei vermisst, so Aladjem.
Nachdem die Palästinenser es auch mit Aladjems Hilfe nicht vermochten, andere davon zu überzeugen, aus einem Schutzraum herauszutreten, hätten sie die Frau und die beiden Kinder mitgenommen. Sie hätten dann die Grenze zu Gaza überquert und das Trio freigelassen. Weshalb, kann sich Aladjem nicht erklären. Ein Video, das die Hamas veröffentlicht hatte, zeigt, wie sie mit den Kindern in dem unbebauten Gebiet Richtung Grenze läuft. Bewaffnete Hamas-Kämpfer gehen an ihr vorbei.
Bemerkenswert ist noch, dass CNN weder im Titel noch in der Beschreibung des Interviews mit Aladjem ihre Freilassung explizit erwähnt. Stattdessen beendet der Nachrichtensender die Geschichte mit der Geiselnahme.
Israel hat den Vorfall und das Video derweil als palästinensische Propaganda abgetan. So sagte der Oberstleutnant Avichay Adraee, Leiter der arabischen Medienabteilung der Sprechereinheit der Israelischen Streitkräfte (IDF) laut Israel National News:
«Nachdem die ganze Welt das hässliche Gesicht der barbarischen Organisation gesehen hat, die Hunderte von unschuldigen Kindern und Frauen in einem schrecklichen Massaker hingerichtet hat, veröffentlicht die Hamas ein Propagandavideo in ihren Sprachrohren. Sie ist schlimmer als ISIS und wir werden sie weiterhin mit Härte angreifen, ohne Unterlass.»