Konservativer Humor kann in den USA, auch bedingt durch das gar nicht fromme Auftreten von Donald Trump, mittlerweile auch anzüglich; Quelle: bucktee.com
Wie die Medien, so haben auch Kabarettisten und Comedians eine zentrale Funktion in der Gesellschaft: nämlich die Mächtigen zu kontrollieren und Machtmissbrauch entgegenzuwirken.
Doch wie die Medien, so scheinen auch Kabarettisten und Comedians ihrer zugedachten Rolle immer weniger nachzukommen. Kritiker wie der US-Komiker Bill Burr zum Beispiel, den die Welt kürzlich «Lehrmeister seiner Zunft» nannte, kritisiert: «Böhmermann & Co. sind öffentlich-rechtlich geförderte Diskurs-Prediger, die sich in Vorhersehbarkeit überbieten» (Transition News berichtete).
Böhmermann wurde von der Zeitschrift Emma gar als «Arschloch ohne Herz» bezeichnet und zum «Sexist Man Alive» gekürt (Transition News berichtete). Was die Quoten angeht, so scheinen sich Böhmermann und auch die Heute Show vom ZDF zwar noch nicht im Sinkflug zu befinden. Doch das könnte auch damit zu tun haben, dass sie es sich im «Kuschelbett» der Öffentlich-Rechtlichen gemütlich machen können, die es mit ihrer Marktmacht vermögen, einen erheblichen Teil der Quote sicherzustellen.
Doch aufgepasst, ihr «linksliberalen» Komiker! Was in den USA abgeht, findet bei uns erfahrungsgemäss mit ein paar Jahren Verzögerung statt. Und wenn man einem Bericht der Welt Glauben schenkt, so ist den «Linken in den USA das Lachen bereits vergangen»:
«Die erfolgreichste Late-Night-Show läuft mittlerweile nicht mehr auf den grossen Sendern, sondern beim konservativen Kabelkanal Fox News. Selbst die legendäre Tonight Show hat kaum noch Zuschauer. Vermutlich, weil die Leute keine Lust mehr haben, mit einfallslos-woken Langweiler-Witzen belästigt zu werden.»
Der Hauptgrund für dieses Phänomen sei, dass «unkonventionelle Komiker» oft nicht mehr, wie es üblich gewesen sei, auf der Gegenseite der vorherrschenden Meinung stünden. Während der Bush-Jahre in den USA habe sich etwa der Talkshow-Host Jon Stewart mit seiner Daily Show als humorvoller, aber entschiedener Kritiker des «War on Terror» ausgezeichnet, während grosse Teile der Medienöffentlichkeit den völkerrechtswidrigen Krieg unterstützt haben.
Und Stewart habe nicht nur Gegenpositionen in den Diskurs eingebracht, auch habe er meisterhaft die demagogischen Argumentationsstrategien rechter und meist humorloser «Talking Heads» (TV-Sprecher) persifliert.
Noch besser habe es seinerzeit sein damaliger Mitarbeiter Stephen Colbert gemacht, der mit seiner Parodie des rechten Fox-News-Moderators Bill O‘Reilly eine eigene Show bekommen und den damaligen US-Präsidenten George W. Bush bei einem Presseball sogar in dessen Anwesenheit veralbert habe. Mittlerweile jedoch zeichne sich Colbert hauptsächlich durch Billig-Kritik an Donald Trump und den Republikanern aus.
Als sein alter Lehrmeister Jon Stewart 2021 in Colberts Sendung als Gag die «Lab-Leak-Theorie» zum Ursprung des Covid-Virus vorgetragen hat, hat der Gastgeber sichtlich angefasst reagiert – «denn im linksliberalen Amerika gilt die Lab-Leak-Theorie als rassistische Verschwörungstheorie, von der man lieber die Finger lässt», so die Welt. Und weiter:
«Statt Herrschaftskritik verbreitet Colbert allabendlich lieber die Verteidigung des Status quo. Seine Monologe tragen dann Titel wie ‹Trump ist ein Faschist› und fangen an mit: ‹Kennt ihr diesen Kerl Donald Trump?›, und das Publikum antwortet mit Buhrufen. ‹91 Anklagepunkte! Ohne Juristensprache zu verwenden. Das ist ganz schön viel.› Es ist kaum nachvollziehbar, warum das Publikum daraufhin lacht. Lustig ist das nicht. Und das gilt auch für die anderen Stars der Generation Woke.
Subversiv ist daran nichts mehr. Die vorgetragenen Standpunkte könnten auch in einer Pressemitteilung des Weissen Hauses stehen.»
Die interessantesten Comedians seien nunmehr jene, die sich kreativ über das woke Bürgertum lustig machten – wie etwa Dave Chappelle. Der schwarze Superstar sei nicht einmal konservativ, dennoch stelle er brillant und – wichtiger – lustig die Widersprüche des Linksliberalismus heraus. In seinem Netflix-Special «The Closer» wunderte er sich beispielsweise darüber, dass der Rapper DaBaby für homophobe Kommentare «gecancelt» werde, aber nicht für die Tötung eines Mannes einige Jahre zuvor.
«In unserem Land kann man einen N****a erschiessen, aber wehe man verletzt die Gefühle eines Schwulen», wird Chappelle zitiert. Mit seinen Shows sei Chappelle derart erfolgreich, dass alle aktivistischen Versuche, seine Comedy-Specials aus der Netflix-Bibliothek zu entfernen, erfolglos verlaufen würden. Er sei zu beliebt, um gecancelt zu werden.
Angeleitet vom ordinären Auftreten ihres gar nicht christlich-frommen Anführers Donald Trump entwickele das konservative Amerika eine neue Lust an der Vulgarität – eine Lust, die sich nicht zuletzt an den untergriffigen und sexuellen Witzen zeige, die manche Trump-Wähler auf ihren Shirts trügen. Ein Klassiker: «Hillary sucks, but not like Monica.»
Die Wachablösung im Humor habe einen einfachen Grund. Die popkulturellen Hebel der Macht seien nicht länger bei den Konservativen. Als beim Super Bowl 2004 während der Halbzeitshow für den Bruchteil einer Sekunde Sängerin Janet Jacksons Brustwarzen zu sehen waren, empörten sich Tugendhüter darüber monatelang. In den Folgejahren hätten beim NFL-Finale nur noch alternde Rocker auftreten dürfen. Heute kann man sich eine solche prüde Empörungswelle kaum noch vorstellen.
Zensur ist ohnehin kaum mehr notwendig, denn viele Humorschaffende zensierten sich bereits selbst, um Kontroversen vorzubeugen. Cartoons tauschten etwa Stammsprecher aus, weil sie Charaktere anderer Ethnien synchronisieren – oder sie streichen vermeintlich anstössige Figuren gleich ganz. Übrig bleibe etwa bei «Family Guy» oder den «Simpsons» angepasste Langeweile. Ein Zustand, in dem subversive Comedy kaum noch möglich sei, weil hinter jeder Ecke ein Shitstorm drohe.
Einen kollektiven Comedy-Hit habe die Trump-Bewegung derweil mit ihrem «Let’s-go-Brandon»-Gag landen können. Während eines Interviews nach einem Nascar-Rennen sei vor knapp zwei Jahren von der Tribüne deutlich ein «Fuck Joe Biden»-Gesang zu hören gewesen (siehe Screenshot unten). Die Welt schreibt dazu:
«Die Moderatorin des Senders NBC wollte den Zuschauern dagegen glauben machen, dass die Menge ‹Let’s go Brandon› rufe. Seitdem ist ‹Let‘s go Brandon!› der durchaus lustige Leitspruch eben jener Amerikaner, die den Medien nichts mehr glauben und die mit Joe Biden auch nichts anfangen können.»
Dennoch gelinge die Übernahme des Humor-Zepters dem rechten Amerika nicht gänzlich, denn dafür seien deren Helden zu «verkrampft, ungelenk und altbacken. Am Ende sind viele rechte Komiker eben doch verkrampfte Langweiler, die nur das Glück haben, dass die politische Gegenseite noch prüder ist.»