Als Folge eines Sorgerechtsstreites hätten im Schweizer Kanton Baselland zwei Buben zwangsweise gegen Masern geimpft werden sollen.
Wir haben hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier über diesen traurigen Fall berichtet.
Dafür war im Urteil der einzige in der Schweiz (bisher) zugelassene Masern-Einzelimpfstoff vorgesehen. Dieser Stoff wurde nun nicht nur vom Markt zurückgezogen, sondern im Umlauf befindliche Chargen werden zurückgerufen. Bis Ende Jahr dürfen sie nicht mehr im Umlauf sein. Die Buben, die die Impfung nicht wollen, können definitiv aufatmen. Aber die Umstände des Falles sind seltsam.
Im Zuge der Recherchen zum Fall sind einem vom Verein PIU, der die beiden Buben und ihre couragierte Mutter vertritt, mandatierten Observerteam aufgrund einer verlangten Akteneinsicht bei der Zulassungsbehörde Swissmedic grobe potenzielle Mängel aufgefallen. Gleichzeitig sind dabei berechtigte Bedenken in Bezug auf die Impfstoffsicherheit aufgekommen.
Die Zulassungsbehörde Swissmedic gab in der Folge trotz Öffentlichkeitsgesetz die Akten nur zögerlich an das Observerteam heraus. Anfragen für eine Besprechung wurden nicht stattgegeben und Korrespondenz nur ausweichend beantwortet.
Nun wird bekannt, dass der Impfstoff zurückgezogen wird. Das Schreiben, das den Rückzug ankündigt, trägt das Datum vom 31. August und wurde durch den Importeuer – der Stoff wird in Indien hergestellt – lediglich an die Direktkunden verteilt. Darin steht, dass die Impfung noch bis Ende November erhältlich sei und bis Ende März 2024 verimpft werden darf.
Nun wurde bekannt, dass für die Chargen, die sich im Umlauf befinden, zusätzlich per 15. November ein Rückruf gestartet wurde und dass Ende Jahr kein Stoff mehr in Umlauf sein darf.
Das Vorgehen ist ungewöhnlich, denn normalerweise wird ein Produkt nur dann zurückgerufen, wenn wirklich damit etwas nicht in Ordnung ist.
Der Importeuer konnte keine Angaben zu den Gründen für den Rückzug vom Markt machen. Der indische Hersteller hingegen erklärte, der Masern-Einzelimpfstoff würde wegen erhöhten Bestellmengen vom Schweizer Markt zurückgezogen. Diese Impfung ist zum Beispiel in Deutschland nicht zugelassen, aber Ärzte und Apotheken haben sie oft aus der Schweiz bezogen.
Am Tag, an dem der Impfstoff zurückgezogen wurde, verlangte die Swissmedic dann vom Verein PIU Beweise bezüglich der Probleme, die das Observerteam ausgemacht hat.
Abwarten und erst reagieren, wenn der Impfstoff weg ist, da er still und leise vom Markt genommen wurde. Das ist eine Taktik, die man eher von der Zulassungsabteilung eines Produzenten erwartet hätte, aber nicht von einer staatlichen, der Transparenz verpflichteten Behörde.
Die Begründung für den Rückzug mutet direkt grotesk an, etwa so wie ein Gasthof, der «wegen Überfüllung geschlossen» affichiert.
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