Die Zeiten werden immer toller oder eher immer unbeschreiblicher bzw. unsäglicher? In der breiten Bevölkerung scheint es immer noch nicht bekannt zu sein, dass in der «Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie» Ausnahmen von der Maskentragpflicht klipp und klar in Artikel 3 und weiteren erwähnt sind:
... Personen, die nachweisen können, dass sie aus besonderen Gründen, insbesondere medizinischen, keine Gesichtsmasken tragen können.
Es war den verordnenden Behörden wohl klar, dass es gute Gründe für Ausnahmen gibt, denn hierin wird gezielt ausgeführt, dass das Tragen von Masken nicht in jedem Falle unbedenklich ist. Und um sich vor Schadensersatzforderungen zu schützen, wurde der oben erwähnte Passus eingefügt.
Da stellt sich unweigerlich die Frage: Weshalb wurde die breite Öffentlichkeit von den verantwortlichen Bundesbehörden (insbesondere dem BAG) kaum je über diese Regelung informiert? Abstossender Weise wurde es den Massenmedien überlassen, gegen angebliche «Maskenverweigerer» zu hetzen und völlig ausser Acht zu lassen, dass Menschen mit Behinderungen oder Menschen mit Gesundheitsschädigungen die Leidtragenden dieser Hetze wurden und immer noch sind. Von einer Sensibilisierungskampagne durch die verantwortlichen Bundesbehörden war meines Wissens nie die Rede.
Wohl gehören Menschen mit Beeinträchtigungen häufig zur «Risikogruppe» – jedoch können viele Angehörige dieser Gruppe eben gerade keine Masken tragen und werden nun aufs Übelste beschimpft bzw. verunglimpft. Es dreht sich hierbei freilich um eine Güterabwägung bzw. Eigenverantwortung dieser Menschen, die, obwohl der Risikogruppe zugehörig, keine Maske tragen können und so von einem Maskendispens profitieren.
Nichtsdestotrotz aber aufgepasst:
Auch auf Anpöbeleien bis hin zu Tätlichkeiten im ÖV, in Läden oder an öffentlich zugänglichen Orten müssen sich Betroffene gefasst machen. Obwohl in der Verordnung nur von einem Nachweis zur Maskenbefreiung die Rede ist, wird an verschiedensten Orten ohne rechtlich haltbare Begründung ein medizinisches Attest verlangt. Zudem ist es juristisch nicht geregelt, wer die Kontrollbefugnis hätte.
Ein Wildwuchs an Aussagen bzgl. einer Kontrollbefugnis ist folglich das Resultat dieser völlig verfehlten Informationspolitik. Die Leidtragenden sind einmal mehr Menschen mit Beeinträchtigungen, die oft genug nur eine Randexistenz in unserer Gesellschaft fristen. Ihnen wird gedroht, dass sie Transportmittel zu verlassen hätten (bzw. den Rauswurf riskieren), Läden oder Restaurants nicht betreten dürfen – auch wenn ein medizinisches Attest vorhanden wäre. Wenn es noch zu akzeptieren wäre, dass ein Blick auf ein Attest geworfen würde, so geht es unter keinen Umständen, dass Kontrollpersonal irgendwelcher Art medizinische Atteste auf Echtheit überprüfen will (so vermerkt in einem Mail der SBB, das mir vorliegt).
Es gereicht den verantwortlichen Behörden wirklich zur Schande, wie sie die Interessen von Menschen mit Beeinträchtigungen ausser Acht lassen und mit einer völlig verfehlten Informationspolitik die Probleme erst entstehen liessen. Unbegreiflicherweise hat sich bis zum heutigen Tag meines Wissens noch kein Vertreter von Behörden, Unternehmen und Institutionen je dafür eingesetzt, die Situation zu verbessern, indem z. B. auf Plakaten auf die Ausnahmen hingewiesen bzw. über die Massenmedien informiert wird, was Sache ist. Die Letzteren berichten dann darüber, wie auch schon Kinder ohne Maske geschlagen wurden – eine Blamage für unsere Gesellschaft auch in einer Krisensituation.