Soll die Ukraine künftig NATO-Mitglied werden? Diese Frage spaltet die westlichen Machteliten seit längerem. Russlands Position diesbezüglich ist eindeutig: Eine NATO-Mitgliedschaft stellt für den russischen Präsidenten Wladimir Putin eine rote Linie dar. Denn dadurch würden zentrale Sicherheitsinteressen des Landes tangiert.
Im Westen weiss man nur zu gut: Sollte die Ukraine NATO-Mitglied werden, vergrössert sich die Gefahr eines potenziellen Flächenbrandes. Dies, weil sich dann nicht bloss die Ukraine, sondern das westliche Militärbündnis als Ganzes im Krieg mit Russland befände.
Gemäss Artikel 5 des Nordatlantikvertrages vereinbaren die Nato-Mitglieder, dass ein bewaffneter Angriff gegen mindestens ein Mitglied als ein Angriff gegen alle Nato-Mitglieder angesehen wird. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb die Ukraine bis heute nicht Mitglied der NATO ist.
Doch dies könnte sich künftig ändern. Vonseiten des westlichen Militärbündnisses hiess es zuletzt, dass man der Ukraine schon jetzt mehr Mitsprache auf Augenhöhe ermöglichen möchte. Dafür hat man im vergangenen Monat angekündigt, einen NATO-Ukraine-Rat zu gründen.
Dieser wird im Rahmen des NATO-Treffens in Vilnius nun zum ersten Mal zusammenkommen. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski fordert einen raschen NATO-Beitritt und Sicherheitsgarantien.
Kurz vor dem Treffen in der litauischen Hauptstadt haben sich hohe amtierende und ehemalige NATO-Kader in namhaften Zeitschriften nun in diesem Zusammenhang geäussert.
Darunter NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Erst kürzlich noch sagte er, dass die Ukraine den Krieg gewinnen müsse, um NATO-Mitglied werden zu können.
Mit Blick auf das Treffen plädiert er für eine «stärkere NATO» und eine engere Zusammenarbeit mit der Ukraine. In Foreign Affairs, dem Medienportal des Council on Foreign Relations (CFR), schrieb Stoltenberg am Montag:
«In Vilnius werden wir unsere politischen Beziehungen ausbauen, indem wir gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski die erste Sitzung des neuen NATO-Ukraine-Rates abhalten.»
Stoltenberg sieht den NATO-Gipfel als «Plattform für Entscheidungen», wo «NATO-Verbündete und die Ukraine gleichberechtigt zusammensitzen, um gemeinsame Sicherheitsbelange anzugehen».
Stoltenberg weiter: «Alle NATO-Verbündeten sind sich einig, dass die Ukraine Mitglied der NATO werden soll.»
Die Tür der NATO stehe weiterhin offen. Dies habe das Bündnis mit den NATO-Einladung an Finnland und Schweden im letzten Jahr bewiesen.
«Die Entscheidung über die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ist Sache der NATO-Verbündeten und Kiews: Russland hat kein Vetorecht.»
Ähnlich äusserte sich am Montag auch Camille Grand in der französischen Zeitung Le Monde. Er war bis 2022 stellvertretender Generalsekretär für Verteidigungsinvestitionen bei der NATO. Grand, Mitglied des European Council on Foreign Relations, schreibt:
«Es ist notwendig, den Ukrainern eine klare Botschaft zu senden, dass eine Mitgliedschaft in der NATO möglich und erwünscht ist.»
Eine Mitgliedschaft biete sowohl den Ukrainern als auch Europa mehr Berechenbarkeit und Stabilität.
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