Über drei Jahre ist es her, seit die Weltgesundheitsorganisation WHO die Corona-Pandemie ausgerufen hatte. Es folgte eine noch nie dagewesene globale Synchronisierung des Ausnahmezustands, ein wahrhaft historisches Ereignis.
In der mehrteiligen Serie «Totalitarismus im Gesundheitsmantel» wird auf diese Geschehnisse zurückgeblickt und danach gefragt, wie das möglich war und was das politische Handeln rund um die Corona-Massnahmen für die Zukunft gerade von Demokratien bedeuten könnte.
Fest steht: Das Lockdown-Modell gegen SARS-CoV-2 wurde von der WHO aus China in die Welt exportiert, mit der Botschaft: Das Virus lässt sich durch Einsperrung der Menschen, Kontaktverfolgung und Totalüberwachung (später auch Impfung) ausrotten. Dass es zuallererst in China (in Wuhan ab dem 23. Januar 2020; vom 20.-24. Januar 2020 fand das World Economic Forum WEF in Davos statt) implementiert wurde, dürfte kein Zufall sein, denn die autoritäre Staatsführung mit dem Präsidenten auf Lebenszeit Xi Jinping und der Kommunistischen Partei (KPC) als einzige politische Partei ist prädestiniert für ein solches Experiment.
Möglich war dies auch, weil China ein technologisches Überwachungssystem mit einem Punktekonto für die Bürger installiert hat. Es war 2013 zunächst in der chinesischen Stadt Rongcheng eingeführt worden. Kameras mit Gesichtserkennung überwachen permanent, ob sich die Bürger wie gewünscht verhalten. WHO-Direktor und China-Protegé Tedros Adhanom Ghebreyesus, der sein Amt dem Stimmengewicht Chinas verdankt, outete sich wenig überraschend als China-Fan: Er lobte am 30. Januar 2020 Chinas Pandemiemanagement, obwohl die chinesische Regierung anfangs alles dafür getan hat, dass kritische Informationen über das Virus nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Am 11. März 2020 sprach sich der WHO-Direktor dann für weltweite Lockdowns aus – zu einem Zeitpunkt, als es ausserhalb Chinas keine 2000 Tote gab. Ausgerechnet die Organisation, die um Gesundheit besorgt sein sollte, propagierte also ein Modell, das den Hunger und die Ungleichheit rekordartig vorangetrieben hat.
Chinesisches Modell für Deutschland?
Eine Studie im Auftrag des deutschen Bundesbildungsministeriums im Kontext der Kampagne «Vorausschau» erwägt die Einführung eines Überwachungssystems chinesischer Art (wir berichteten). Deutschland ist das ökonomisch stärkste Land Europas. Es bekleidet deswegen eine besondere geostrategische Rolle. Allein die Tatsache, dass von behördlicher Seite über chinesische Überwachungsmodelle nachgedacht wird, lässt aufhorchen. Schliesslich war auch das Lockdown-Modell nur eines von möglichen Szenarien im Bericht «Scenarios for the Future of Technology and International Development» (2010) der Rockefeller Foundation (wir berichteten).
Die Studie war bereits im August 2020 publiziert worden, blieb in der Öffentlichkeit jedoch weitgehend unerwähnt (Ausnahmen z.B. RT, Welt, Heise). Einer der Studienautoren soll der Politikwissenschaftler Karim Fathi sein. Er nennt China explizit als Beispiel. Ethische Fragen spricht Fathi nicht an, ausser dass es halt «Diskriminierungspotenzial» gebe. Kein Wort von einer gesellschaftlichen Diskussion, ob es erstrebenswert sein soll, dass Künstliche Intelligenz (KI) zur «Menschenführung» eingesetzt wird oder ein «Life-Coach» die private Fitness überwacht – alles dank Big Data und auf Kosten privater und intimer Detailinformationen.
In China lenkt die Kommunistische Partei KPC die Menschen zum «richtigen» Verhalten. Dafür gibt es Punkte für den Bürger – ähnlich wie bei einem Kundenbindungsprogramm eines Unternehmens: Kauft der Kunde häufig ein, erhält er beim nächsten Einkauf Rabatte. Er wird konditioniert und «belohnt». Sich einfach so verhalten, wie es die Regierung will. Keine Kritik, kein Aufmucken. Sonst gibt es Abzüge auf dem Punktekonto. Le Monde diplomatique veröffentlichte 2019 eine Recherche über die Entstehung und den Pilotversuch in 43 Kommunen. Ein gutes Konto entscheidet beispielsweise über Beruf, Bildung, Reisen, Wohnen oder Gesundheitsversorgung. Der Historiker Daniele Ganser gibt im Video einen kurzen Einblick, wie das chinesische Überwachungssystem funktioniert, wie es Menschen kontrolliert, manipuliert und Kritik systematisch unterdrückt.
Quelle: YouTube, Daniele Ganser
«Gute» Bürger werden an Anschlagsbrettern propagandistisch inszeniert. Quelle: Vortrag Ganser
Quelle: Vortrag Ganser
Dementsprechend wurde die Corona-Situation laut Ganser in den Medien wie folgt dargestellt: gefährliches Virus, Abschottung und Überwachung, Virus eingedämmt, kaum Todesfälle. Die KPC lieferte die Hochglanz-Propagandabilder dazu: klinische Sauberkeit in Hospitälern und Intensivstationen. Im August 2020 gingen dann Bilder von Massen-Poolparties aus Wuhan um die Welt. Ergo inszeniert sich China als vorbildliches Beispiel: Diktatur führt zum Ziel. «Gesundheit» scheint in der Coronakrise ein dankbarer Vorwand zu sein, um technokratische, digitale Instrumente zur Kontrolle zu verkaufen.
Punktesystem zur Politiksteuerung
Die Studie namens «Zukunft von Wertvorstellungen der Menschen in unserem Land» des Bundesbildungsministeriums dreht sich um die Frage: «Was erwartet uns in den 2030er-Jahren?» Die Frage lässt sich assoziieren mit der Agenda 2030 des Great Reset vom WEF und der Agenda 2030 der Vereinten Nationen (UNO) aus dem Jahr 2015, die gemäss des Politologen Hermann Ploppa die jetzige Welt-Neuordnung angedeutet haben:
«Die Partnerschaft zwischen Bill Gates und der Weltgesundheitsorganisation WHO hat hier ihre Entsprechung in der Modellierung der künftigen künstlichen Welt.»
Die Autoren der Studie zeichnen sechs mögliche Zukunftsszenarien, darunter das «Bonus-System» nach chinesischem Vorbild wie oben beschrieben. Dieser Kontrollmechanismus soll «als Prognose- und Steuerungswerkzeug schrittweise neue Normen im Alltag» verankern. Es wird ausdrücklich betont, dass KI und digitale Technologie zur Politiksteuerung entwickelt und Daten privatwirtschaftlich monetarisiert werden. Die durch Angstpropaganda desorientierte Gesellschaft würde diesem System mehrheitlich zustimmen,
«(...) da es nach dem Empfinden vieler in einer komplexeren und ausdifferenzierteren Gesellschaft eine verbindende Orientierungsfunktion für verschiedene gesellschaftliche Gruppen einnimmt».
Mit Steuerung meint die Studie die Belohnung von bestimmten Verhaltensweisen wie in China. So sollen Punkte vergeben werden, zum Beispiel für ehrenamtliche Arbeit, die Pflege Angehöriger, Organspenden, Altersvorsorge, Verkehrsverhalten, CO2-Abdruck. Als Gegenleistungen gibt es bessere Studienplätze, schnelleres Internet, Flug- oder Zugtickets und andere Vorteile. Die Kategorien sind willkürlich definierbar, je nachdem wie der politische Wind weht. Lediglich der angebliche Zweck muss positiv konnotiert sein, zum Beispiel Gesundheit oder Klimaschutz.
Politik wird hier nicht mehr authentisch von den Bürgern gestaltet, sie wird je nach elitären Bedürfnissen verordnet. Der Klimawandel wird als ein Motiv zur Akzeptanzsteigerung eines Punktesystems genannt. Man darf gespannt sein, ob bald Beschränkungen der Reisefreiheit damit begründet werden. Glaubt man der Studie, so würden sich bereits heute 15-20% der Bevölkerung in Deutschland für ein Punktesystem wie in China aussprechen.
Ein explizit genannter Grund für die Akzeptanz digitaler Überwachungstechnologien liege in der Bequemlichkeit. Dies führe schlussendlich zu Selbstentmündigung. Die Menschen würden gerne ihre Daten herausgeben und Freiheitseinschnitte und Kontrollen hinnehmen. «Einzig die Minderheit der Systemverweigerer definiert sich über die Ablehnung des Punktesystems (...) .» Pikant: Auf der Website der Kampagne «Vorausschau» wird darauf hingewiesen, die Zukunftsszenarien seien vor der «Pandemie» erstellt worden. Auf Seite 125 stellt man jedoch fest:
«Einer These von Ivan Krastev zufolge könnte die COVID-19-Krise die Attraktivität von auf Big Data basierendem Autoritarismus, wie ihn die chinesische Regierung pflegt, steigern, da man hier die Effizienz der Antwort und die Fähigkeit des chinesischen Staates gesehen hat, die Bewegungen und Verhaltensweisen seiner Bevölkerung zu kontrollieren.»
Quelle: vorausschau.de
Die These des Politologen Krastev deckt sich mit den Aussagen Gansers im Vortrag. Auf Seite 127 wird der ideologische Einfluss der Transhumanisten-Clique des Silicon Valley und des WEF sichtbar. Hier wird von der Verschmelzung von Realität und Virtualität durch Schnittstellen über Maschine-Gehirn gesprochen und wie die Digitalisierung dazu benutzt wird, das Verhalten der Menschen durch KI-Algorithmen zu lenken und diesen die Deutungshoheit zu überlassen. Der Vorteil dieser digitalen Möglichkeiten sei, dass Menschen identifiziert, ihre Absichten prognostiziert und ihre Handlungen transparent gemacht werden können.
Es gibt weitere deutsche Behörden, die den Bürger nur noch als Datenlieferanten betrachten. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit skizzierte 2017 eine «Post-voting society». In ihrer «Smart City Charta» schrieb das Ministerium, dass dank digitaler Überwachung das Verhalten der Bürger vorausberechenbar sei und der Bedarf an Wahlen deshalb abnehme.
Überwachung im Namen der Gesundheit
In Deutschland scheint die Vorstellung des Big Tech-Überwachungsprogramms verlockend zu sein, das durch Dauerpandemien legitimiert wird und Big Pharma konstante Impfprofite sichert. So glaubte Frank Montgomery, Chef des Weltärzteverbundes, dass Nachimpfungen gegen «Covid» langfristig bleiben. Ähnlich klang es bei WHO-Beraterin Susan Michie, einer Massnahmen-Hardlinerin.
In diesem Zusammenhang ist die Versuchung naheliegend, Grund- und Freiheitsrechte dauerhaft zu beschneiden – wenn nicht sogar abzuschaffen. Es lässt sich einfach komfortabler regieren. So forderte etwa Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann «harte Eingriffe in Bürgerfreiheiten» während Pandemien. Es scheint unwichtig zu sein, dass das Ausnahmezustands-Regime lediglich mit Notverordnungen aufrechterhalten wurde.
Selbst Grundrechte wie die körperliche Unversehrtheit oder die Unverletzlichkeit der Wohnung wurden angegriffen (wir berichteten). Bayern oder Spanien sind nur weitere Beispiele unter vielen, wo sich totalitäre Ambitionen breitmachen. So sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder: «Ohne Impfen keine Freiheit.»
Der Lockdown in chinesischer Überwachungsmanier operierte offiziell nicht im Namen der Repression, sondern der Gesundheit. Das Credo lautete: Mit Überwachungstechnologie gegen das Virus. Am besten noch mit grünem Strom. Deshalb sei es nötig, umfassende Kontrollen zu etablieren. Wie es eben in einer Smart City der Fall ist. Wen kümmert die Privatsphäre oder Überwachung, wenn man dafür der Illusion nachhängen kann, der Regierung gehe es um Gesundheit?
Erst 2015 warnte der verstorbene FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher mit zahlreichen Autoren vor technologischem Totalitarismus. Zur dauerhaften Kontrolle der Bevölkerung könnte auch hier ein Punktesystem wie in China eingeführt werden. Zum Beispiel wird jeder im Interesse der «Gesundheit» und der «Solidarität» genötigt, sein «Impf-Abo» zu erneuern, sonst drohen dem «unsolidarischen» Bürger Punkteabzüge. Dass technokratisch verordnete Werte inhaltsleer werden, ist selbsterklärend. Aber es klingt gut. Die Sprache macht’s.
Zu Teil 2 geht es hier, zu Teil 3 hier, zu Teil 4 hier, zu Teil 5 hier, zu Teil 6 hier.
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