Über den Entscheid dürften viele froh sein. So viel steht fest. Alain Berset tritt auf Ende Jahr zurück. Er wird sich nicht mehr als Bundesrat für die nächsten Wahlen aufstellen lassen.
Das teilte der Gesundheitsminister und amtierende Bundespräsident heute Mittag an einer Pressekonferenz mit.
Nun sei der «richtige Moment gekommen», um kürzerzutreten, sagte Berset. Er wird damit insgesamt 12 Jahre Bundesrat gewesen sein.
Berset stand in den vergangenen Jahren unter grossem Druck. Während der «Pandemie» ist der Gesundheitsminister zum Feindbild Nummer eins der Massnahmenkritiker mutiert.
Berset kämpfte und kämpft noch immer mit Affären – nicht umsonst wurde er vereinzelt auch als «Teflon»-Gesundheitsminister bezeichnet, dem nichts gefährlich werden konnte.
Ob beim Ruhigstellen seiner einstigen Geliebten, auf die er sogar Eliteeinheiten jagte; bei der Ringier-BAG-Affäre oder seinen Ausflügen in die Sperrgebiete des französischen Luftraums: Jede Affäre, so schien es zumindest, prallte an Berset ab.
Ob die Affären nun etwas mit seinem angekündigten Rücktritt zu tun haben, wollte ein Journalist von Berset wissen? «Sie spielten überhaupt keine Rolle bei meiner Entscheidung», betonte der Bundesrat.
Auch innerhalb der Partei sei kein Druck auf ihn ausgeübt worden, um ihn zum Rücktritt zu bewegen.
Es sei daran erinnert, dass die SP-Parteispitze und die Falken innerhalb der SP Berset zuletzt scharf kritisiert hatten. Dies, nachdem er sich für mehr Deeskalation in der Ukraine ausgesprochen hatte. Mit Blick auf das Schweizer Polit-Establishment sagte er: «Ich spüre heute in gewissen Kreisen einen Kriegsrausch.»
Einfach war es für Berset allemal nicht. Gegner hatte er sowohl in den eigenen Reihen aber noch viel mehr innerhalb der ausserparlamentarischen Opposition.
Die letzten Jahre haben Berset dann auch zugesetzt, wie er betonte. Insbesondere die Covid-Zeit, während der er an seine «Grenzen» gelangt sei. «Ich hätte nie gedacht, so viel arbeiten und so viel Gewalt ertragen zu müssen.»
Immer wieder hätte es da Momente gegeben, «die schwierig waren.» Drohungen gehörten seinen Aussagen zufolge zum Alltag. Die Covid-Ära sei für ihn aber am vergangenen Sonntag zu Ende gegangen.
«Letzten Sonntag hat sich mit der dritten Covid-Abstimmung ein Zyklus geschlossen», sagt Berset. «Auch mit meiner dritten Amtszeit und der zweiten Präsidentschaft.»
Gewohnt selbstbewusst zählte Berset seine Erfolge auf: 29 Volksabstimmungen habe er bestritten als Bundesrat. Auch die Krankenkassenkosten seien während seiner Amtszeit vergleichsweise nur gering angestiegen.
Tatsache ist: In den letzten 20 Jahren haben sich die Kosten verdoppelt.
Kritischen Fragen zu den Corona-Leaks wich der Gesundheitsminister aus. Ob er von den Handlungen von Peter Lauener, seinem ehemaligen Pressechef, gewusst habe? Dieser hatte Ringier jeweils schon im Vorfeld von Bundesratssitzungen Informationen zugesteckt. Darauf von einer Journalistin angesprochen antwortete Berset:
«Ich habe (...) die institutionelle Seite höher bewertet als alles andere. Ich habe immer gesagt: Ich sage alles, was ich weiss, an die Institutionen. (…) Und so bleibt es.»
Einzig im Zusammenhang mit der verlorenen Abstimmung zur AHV-Zusatzfinanzierung 2017 übte Berset moderat Selbstkritik aus. Dies, nachdem ihn ein Journalist in der Konferenz darauf ansprach, ob er dann gar keine Fehler gemacht habe während seiner Amtszeit.
Erleichtert sind zahlreiche Kritiker Bersets. Zum Beispiel aus dem Umfeld der sogenannten Bürgerrechtsbewegung: «Bleiben Sie zuhause», schreibt etwa Nicolas A. Rimoldi, Präsident von MASS-VOLL!, in einer Anspielung an Bersets Aussage, die er zu Beginn des ersten Corona-Lockdowns getätigt hatte.
«In der Geschichte der Schweiz hat niemand Land und Leuten mehr Schaden zugefügt», so die Meinung der Organisation.
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