Es sind genau diese kleinen Bemerkungen, die so selbstverständlich daherploppen. An ihnen offenbaren sich Absichten und Gesinnung der Sprecher: Die Politiker sollen einen Rahmen geben, «that will help people make the right decision», meinte Angela Rayner.
Frau Rayner ist die stellvertretende Vorsitzende der britischen Labour-Partei und hat in einem Interview das Londoner ULEZ-Programm verteidigt. In sogenannten «Ultra Low Emission Zones» sollen bald nur noch Autos mit irgendeinem «Mindeststandard» fahren dürfen. Für alle anderen ist eine Tagesgebühr von 17,50 Pfund vorgesehen.
Tausende Kameras wurden in Teilen Londons installert, um die Fahrzeuge «gebührend» zu überwachen. Regelung wie Kameras stossen bei der Bevölkerung und einer wachsenden Schar von Aktivisten auf wenig Gegenliebe. Laut Frau Rayner soll dieser Unfug in vielen weiteren Städten des Landes Einzug halten. Das Ziel sind ganz offenbar die berüchtigten 15-Minuten-Städte, der Vorwand einmal mehr eine postulierte Klimakrise.
Die Überwachung nun soll «den Menschen dabei helfen, sich richtig zu entscheiden». – Merkt diese Frau die Arroganz ihrer Worte? Offenbar nicht. Merkt es die Reporterin? Aus dem Ausschnitt geht es nicht hervor, aber es ist nicht zu erwarten.
Welches Bild von ihren Wählern legt sie damit an den Tag? Dasjenige von Kindern, denen «die Grossen» sagen müssen, was gut und richtig und schön artig ist. Betreutes Denken, betreutes Autofahren – wenn überhaupt.
In einer aufschlussreichen Analyse hat erst kürzlich Sylvie-Sophie Schindler die dazu passende «Sandkastengesellschaft» portraitiert. Nach ihren Beobachtungen wünschen sich viele Menschen eine derartige mentale Rundumversorgung: Der Regulierungssucht von oben korrespondiert eine Folgsamkeit von unten; es droht ein gesellschaftlicher «Infantilismus», der wiederum den Raum der Bevormundung, der immer willkommeneren, weil entlastenden, zur Kenntlichkeit erweitert.
Man kann froh sein, wenn sich dieser Mechanismus mitunter in maternalistisch dahingeblätterter «Besorgtheit» um die Untertanen ans Licht drängt. Es lohnt sich also, wachsam zu sein und diesem Politvolk aufs Maul zu schauen. Denn «der Unterschied zwischen einem Wohlfahrtsstaat und einem totalitären Staat ist lediglich eine Frage der Zeit», wie die Schriftstellerin Ayn Rand bemerkte.
Sylvie-Sophie Schindler plädiert dafür, von einem «Lass das Denken besser sein; wir denken für euch» zurückzukehren zu dem «Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen».
Nur ist dieser Aufruf Kants meines Erachtens leider ebenso populär wie uneingelöst. «Habe Mut» klingt gut. Aber woher nehmen? Es kann sein, dass hier Unterstützung aus noch weiter zurückliegenden Quellen nötig ist.
«Unmündig» sollen wir nicht mehr sein und uns nicht länger «von jedem Wind einer Lehre» [und falschen Fürsorge] «umhertreiben lassen durch das trügerische Würfeln der Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen»; Epheserbrief 4,14.
Positiv formuliert:
«Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus. Von ihm aus wird der ganze Leib zusammengefügt und zusammengehalten (...). So wächst der Leib und erbaut sich selbst in der Liebe.» Epheser 4,15-16
Dem andernorts beschriebenen «Wechselspiel der Erkenntnis» zufolge gilt eine Wahrheit für die Christusgläubigen im abgeleiteten Sinne zugleich für alle Menschen guten Willens: Eine Gesellschaft wird zusammengefügt und zusammengehalten von wahrhaftigen einzelnen, die ihrer allgemein empfundenen Bestimmung nachleben. Dazu mögen Erstere, die Christus-Gläubigen, umso entschiedener anstiften.
Aus dieser Quelle kann der Mut entspringen, um gegen einen schmierigen und verfänglichen Paternalismus wie Maternalismus aufzustehen.
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Wort zum Sonntag vom 27. August 2023: Die Blinden halt laufen lassen?
Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft in Gottesdiensten und an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf.
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