Das Europäische Parlament hat sich bereits am 13. Dezember auf einen Standpunkt zur Digitalisierung des EU-Gesundheitswesens geeinigt und damit den Weg für die Verhandlungen mit den EU-Staaten geebnet. Darüber berichtet das Portal Euractiv.
Mit grosser Mehrheit habe das Plenum seinen Bericht angenommen, der als Verhandlungsmandat des Parlaments in den Gesprächen mit dem Rat der EU über die endgültige Form der Gesetzgebung zum Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) dienen wird. Der EHDS-Vorschlag zielt darauf ab, «das volle Potenzial von Gesundheitsdaten für Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe sowie für Politiker und Forscher zu entfalten».
Der Vorschlag zur primären Nutzung von Gesundheitsdaten, die Bürger und medizinische Fachkräfte auf nationaler und EU-Ebene verwenden können, wurde vom Parlament im Hinblick auf das Recht der Patienten auf Zugangsbeschränkung um die Möglichkeit erweitert, «den Zugang für alle Personen ausser den medizinischen Fachkräften, die die elektronischen Gesundheitsdaten eingegeben haben, zu beschränken».
«Wenn Sie zum Beispiel an einer psychischen Erkrankung leiden, können Sie den Zugang zu diesen Daten einschränken, sodass Ihre Gesundheitsdaten nur von Ihrem Psychiater eingesehen werden können und nicht von anderen Ärzten, die Sie behandeln», erklärte der kroatische Abgeordnete Tomislav Sokol, der bei diesem Thema als Berichterstatter fungierte.
Hinsichtlich der Datenschutzbedenken, die aufgrund dieses europäischen «Gesundheitsdatenraums» zu befürchten sind, propagiert Euractiv, dass eine «EU-weite Harmonisierung» der Datenschutzgrundverordnung Probleme «ausräumen wird».
Der Rat und das Parlament der EU hätten im Rahmen des Vorschlags für den EHDS auch über Opt-in- oder Opt-out-Optionen für die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten debattiert, teilt Euractiv weiterhin mit. Es wurde also darüber beratschlagt, inwieweit Bürger das Recht haben werden, gegen die Verwendung ihrer Gesundheitsdaten vorzugehen.
Die sekundäre Nutzung von Daten beziehe sich auf die Gesundheitsinformationen, die von Krankenhäusern, Universitäten und Forschungsinstituten gesammelt, katalogisiert und nach Anonymisierung oder Pseudonymisierung für die Gesundheitsforschung und die Politikgestaltung zur Verfügung gestellt werden sollen.
«Ein Universitätsforscher aus Berlin wird beispielsweise auf Datensätze über Bauchspeicheldrüsenkrebs aus Paris, Rom, Madrid und anderen Orten zugreifen können», erklärte Sokol und fügte hinzu, dass die Idee dahinter sei, das Datenpotenzial «viel besser« zu nutzen.
Dies sei vor allem im Bereich der seltenen Krankheiten wichtig, wo es an Patienten fehle, um klinische Studien durchzuführen. Das EU-Parlament hat laut Euractiv eine Opt-out-Option gefordert: «Natürliche Personen sollen das Recht haben, der Verarbeitung ihrer elektronischen Gesundheitsdaten für sekundäre Zwecke zu widersprechen».
Bei sensiblen Daten, wie genetischen und genomischen Informationen, seien die Abgeordneten sogar noch weiter gegangen und würden «ein ausdrückliches Zustimmungs- oder Opt-in-System» fordern, so Euractiv. Dies bedeute, dass jeder Patient, dessen Daten betroffen sind, bei jeder Nutzung seine Zustimmung abgeben müsse.
Dies steht allerdings nicht im Einklang mit dem Kommissionsvorschlag. So hat Stella Kyriakides, EU-Kommissarin für Gesundheit, bereits klargestellt, dass sie gegen ein Opt-out-System ist, angeblich zum Wohle der Patienten. Ihr Argument:
«Ein Opt-out-System kann zu Verzerrungen in den Daten führen, da insbesondere Minderheitengruppen davon negativ betroffen sein könnten. Wenn sie in dem Datensatz nicht vertreten sind, wie wir alle aus der Forschung, neuen Behandlungen oder Gesundheitsanwendungen wissen, auf die sie angewiesen sind, werden ihre Daten nicht in diesen Datensatz aufgenommen.»
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