Bei der MERS-Epidemie 2014 auf der arabischen Halbinsel wurde u.a. das Pflegepersonal mit der PCR-Methode getestet, was Christian Drosten in einem Interview mit der Wirtschaftswoche kritisierte. Der Journalist Boris Reitschuster hat das Interview ausgegraben und schreibt dazu:
Damals sagte Drosten der Wirtschaftswoche:
«Als in Dschidda Ende März diesen Jahres aber plötzlich eine ganze Reihe von Mers-Fällen auftauchten, entschieden die dortigen Ärzte, alle Patienten und das komplette Krankenhauspersonal auf den Erreger zu testen. Und dazu wählten sie eine hochempfindliche Methode aus, die Polymerase-Kettenreaktion (PCR).»
«Klingt modern und zeitgemäß», sagte der Interviewer, und Drosten, der in dem Interview die Gefahr einer Pandemie durch Corona noch als gering einschätzte, antwortete:
«Ja, aber die Methode ist so empfindlich, dass sie ein einzelnes Erbmolekül dieses Virus nachweisen kann. Wenn ein solcher Erreger zum Beispiel bei einer Krankenschwester mal eben einen Tag lang über die Nasenschleimhaut huscht, ohne dass sie erkrankt oder sonst irgend etwas davon bemerkt, dann ist sie plötzlich ein Mers-Fall. Wo zuvor Todkranke gemeldet wurden, sind nun plötzlich milde Fälle und Menschen, die eigentlich kerngesund sind, in der Meldestatistik enthalten. Auch so ließe sich die Explosion der Fallzahlen in Saudi-Arabien erklären. Dazu kommt, dass die Medien vor Ort die Sache unglaublich hochgekocht haben.»
Weiter fragte der Journalist: «Sie meinen, dass die Medien einen Einfluss auf die Meldezahlen haben?» Drosten Antwort:
«In der Region gibt es kaum noch ein anderes Thema in den TV-Nachrichten oder Tageszeitungen. Und auch Ärzte in Krankenhäusern sind Konsumenten dieser Nachrichten. Die überlegen sich dann ebenfalls, dass sie mal ein Auge auf diese bisher auch in Saudi-Arabien sehr seltene Erkrankung werfen müssten. Die Medizin ist nicht frei von Modewellen.»
Interessant sind auch andere Aussagen des Virologen aus dem Interview.
«Es wäre sehr hilfreich, wenn die Behörden in Saudi-Arabien wieder dazu übergehen würde, die bisherige Definitionen der Krankheit einzuhalten. Denn was zunächst interessiert, sind die echten Fälle. Ob symptomlose oder mild infizierte Krankenhausmitarbeiter wirklich Virusträger sind, halte ich für fraglich. Noch fraglicher ist, ob sie das Virus an andere weitergeben können. Das Beraterteam des neuen Gesundheitsministers sollte stärker zwischen medizinisch notwendiger Diagnostik und wissenschaftlichem Interesse unterscheiden.»
Drosten weiter:
«Im Falle von Sars hatte sie damals zum Beispiel nur solche Fälle zur Meldung empfohlen, in denen ein Antikörpertest positiv war. Unser Körper wird ja ständig von Viren und Bakterien angegriffen. Sie scheitern aber oftmals schon an Barrieren wie der Haut oder den Schleimhäuten in Nase und Rachen. Dort werden sie erfolgreich abwehrt, bevor sie Unheil anrichten können. Nur gegen solche Krankheitserreger, die unseren Körper ernsthaft befallen, entwickelt die Immunabwehr auch Antikörper. Wenn Antikörper da sind, bedeutet das, der Mensch hat tatsächlich eine Infektion gehabt. Ein solcher Antikörpertest würde die Unterscheidung zwischen wissenschaftlich interessanten und medizinisch relevanten Fällen sehr erleichtern.»
Dazu Boris Reitschuster: Das klingt fast genauso wie das, was heute die Kritiker von Drosten und insbesondere den Tests sagen. Es ist fast, als spräche da nicht der von den Medien ernannte «Virologie-Papst», sondern Prof. Sucharit Bhakdi, der bekannteste Kritiker der Corona-Politik.