Die griechische Steuerbehörde hat eine weitere Waffe im Kampf gegen Steuerhinterziehung im Arsenal, wie die Plattform in.gr meldete. Es handelt sich um ein automatisiertes Vermögenskontrollsystem, mit dem die Steuerbehörde direkten Zugang und vollen Einblick in Bankkonten, Schliessfächer, Daten über Kredite, Investitionen und sogar die elektronischen Geldbörsen von Steuerzahlern hat, die auf «Schwarzgeld» überprüft werden.
Das neue System befindet sich derzeit im Pilotbetrieb und hat damit begonnen, Informationen von Banken abzugreifen. Sobald die Tests zwischen der griechischen Steuerbehörde und dem griechischen Verband der Banken und Kreditinstitute abgeschlossen sind, wird es vollständig implementiert.
Das Ding heisst «Bank Account Nexus Crosscheck APPplication" – BANCAPP.» Es betritt ungebeten die Systeme von Steuerprüfern, Bankkonten, Schliessfächer und elektronische Geldbörsen. Dort sammelt es detaillierte Daten und Informationen über die geprüften Personen.
Sobald die Steuerprüfung eine Anordnung zur Einkommens- und Vermögensprüfung für einen Steuerpflichtigen erlässt, wird automatisch und ohne menschliches Zutun ein Antrag auf Aufhebung des Bankgeheimnisses gestellt. Innerhalb von zwei Tagen liegen der Steuerprüfung die entsprechenden Antworten zu den Bankkonten und Vermögenswerten der letzten fünf Jahre vor.
Mit dem neuen automatisierten System ist die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage nun eine leichte Aufgabe, denn die Daten aus verschiedenen Systemen können mit der Steuererklärung abgeglichen werden. So lässt sich feststellen, ob die Höhe der beweglichen Güter und der Lebenshaltungskosten durch die Einkünfte gerechtfertigt sind. Ist dies nicht der Fall, wird der Betrag als ungerechtfertigter Vermögenszuwachs betrachtet und der überschüssige Betrag zu einem Satz von 33% besteuert.
Nach Erlass einer Prüfungsanordnung wird der Antrag von der Steuerverwaltung automatisch über die elektronische Schnittstelle und die Kommunikationsdrehscheibe an die Kreditinstitute und alle verantwortlichen Personen weitergeleitet.
Diese sind verpflichtet, innerhalb von zwei Arbeitstagen zu antworten und die Unterlagen zu übermitteln, es sei denn, die Anfrage bezieht sich auf einen kontrollierten Zeitraum von mehr als fünf Jahren; in diesem Fall werden die Unterlagen innerhalb von fünf Arbeitstagen übermittelt.
Um die Vertraulichkeit des Verfahrens zu gewährleisten, werden alle ausgetauschten Steuer- und/oder Finanzdaten verschlüsselt. Da Steuerprüfer, Bankkonten, Schliessfächer und elektronische Geldbörsen in Griechenland die gleiche, einheitliche Steuernummer verwenden, ist es technisch möglich, diese Daten abzuziehen und zu vergleichen.
Kommentar Transition News
Ist damit sichergestellt, dass nun die Steuerhinterziehung in Griechenland wirkungsvoll bekämpft wird? Mitnichten.
Die griechischen Steuerbehörden können Anträge zu einer solchen vertieften Steuerprüfung stellen. Müssen aber nicht.
Die griechischen Behörden arbeiten sehr zentralisiert und bis ins kleinste Detail weisungsgebunden. Es ist kaum denkbar, dass eine derartige Steuerprüfung bei einem Mitglied der Politikerkaste oder der Reichen und Schönen durchgeführt wird – es sei denn, es handelt sich um «gefallene Engel» wie die Europaabgeordnete Eva Kaili.
Die Geschichte des Skandals um Kaili ist übrigens Gegenstand eines Dokumentarfilms von Helmar Büchel für Arte, der diese Woche ausgestrahlt wurde.
Wenn man die oligarchische Herrschaftsform in Hellas kennt, muss man stark vermuten, dass diese Prüfungen nur sehr selektiv bei der Mittelschicht und bei Freiberuflern ohne starke Lobby vorgenommen werden.
Analog dem Automatischen Informationsaustausch (AIA): diese weltweite Initiative zur Verhinderung der Steuerhinterziehung unter der Leitung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat mitnichten dazu geführt, dass das Auslandsvermögen der Griechen besser besteuert werden kann.
Wie die berühmte Lagarde-Liste mit Kontodaten von über 2000 griechischen Kunden einer Genfer Privatbank. Diese Liste gelangte in die Hände der griechischen Steuerbehörden, wurde aber nie verwendet.
Ausser dass wieder eine Bresche in den Datenschutz geschlagen und das Image der derzeitigen griechischen Regierung international aufpoliert wird, dürfte Big Brother wenig bewirken.
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