Das israelische Geheimdienstministerium empfiehlt die gewaltsame und dauerhafte Umsiedlung von 2,2 Millionen palästinensischen Bewohnern des Gazastreifens auf die ägyptische Sinai-Halbinsel. Dies geht aus einem offiziellen Dokument hervor, das vom +972-Magazin enthüllt wurde und über das Global Research berichtet.
Das zehnseitige Dokument vom 13. Oktober 2023 trägt das Logo des Geheimdienstministeriums, einer kleinen Regierungsbehörde, die politische Forschung betreibt und ihre Vorschläge mit Geheimdiensten, der Armee und anderen Ministerien teilt. Es bewertet drei Optionen hinsichtlich der Zukunft der Palästinenser im Gazastreifen im Rahmen des aktuellen Krieges und empfiehlt «als bevorzugte Vorgehensweise einen vollständigen Bevölkerungstransfer».
Zudem wird die israelische Regierung aufgefordert, die internationale Gemeinschaft für die Unterstützung dieses Vorhabens zu gewinnen. Das Dokument wurde vollständig ins Englische übersetzt.
Die Existenz des Dokuments bedeute nicht unbedingt, dass seine Empfehlungen vom israelischen Verteidigungsapparat berücksichtigt werden, schreibt Global Research. Trotz seines Namens sei das Geheimdienstministerium keinem Geheimdienst direkt verantwortlich, sondern erstelle unabhängig Studien und Grundsatzpapiere, die man der israelischen Regierung und den Sicherheitsbehörden zur Prüfung vorlege. Bindend seien diese nicht. Der Einfluss des Ministeriums werde als relativ gering angesehen. An der Spitze stehe derzeit Gila Gamliel, ein Mitglied der Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu.
Die Tatsache, dass ein israelisches Regierungsministerium inmitten einer gross angelegten Militäroffensive im Gazastreifen nach dem tödlichen Angriff und den Massakern der Hamas in südisraelischen Gemeinden am 7. Oktober einen derart detaillierten Vorschlag ausgearbeitet habe, zeige jedoch, wie sehr die Idee einer Zwangsumsiedlung propagiert werde. Dieser «Bevölkerungstransfer» werde auf die Ebene offizieller politischer Diskussionen gehoben.
Die Angst vor solchen Plänen – die nach internationalem Recht ein schweres Kriegsverbrechen darstellen würden – sei in den letzten Wochen gewachsen, erläutert Global Research, insbesondere nachdem die israelische Armee etwa eine Million Palästinenser angewiesen hatte, den nördlichen Gazastreifen zu evakuieren, bevor die Bombardierung und Bodenangriffe zunahmen.
Das Dokument empfiehlt Israel in Option C, «die Zivilbevölkerung auf den Sinai zu evakuieren». Zeltstädte und später dauerhaftere Städte im nördlichen Sinai sollen die vertriebene Bevölkerung aufnehmen. Innerhalb Ägyptens soll «eine sterile Zone von mehreren Kilometern geschaffen, die Rückkehr der Bevölkerung zu Aktivitäten/Wohnorten nahe der Grenze zu Israel nicht erlaubt werden». Gleichzeitig müssten Regierungen auf der ganzen Welt, angeführt von den Vereinigten Staaten, mobilisiert werden, um diese Schritte umzusetzen.
Das Dokument empfiehlt eindeutig und ausdrücklich die Verlegung palästinensischer Zivilisten aus Gaza als angestrebtes Ergebnis des Krieges. Obendrein wird eine Kampagne vorgeschlagen, die sich an die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen richtet, «um sie zu motivieren, diesen Plan zu akzeptieren» und sie dazu zu bringen, ihr Land aufzugeben. In dem Papier heisst es:
«Die Botschaften sollten sich um den Verlust von Land drehen und deutlich machen, dass es keine Hoffnung auf eine Rückkehr in die Gebiete gibt, die Israel bald besetzen wird, ob das nun stimmt oder nicht. Das Bild muss lauten: ‹Allah hat dafür gesorgt, dass ihr dieses Land wegen der Hamas-Führung verliert – es gibt keine andere Wahl, als mit der Unterstützung eurer muslimischen Brüder an einen anderen Ort zu ziehen›.»
Darüber hinaus ermutigt das Dokument die Regierung, eine öffentliche Kampagne in der westlichen Welt zu führen, um den Umsiedlungsplan auf eine Art und Weise zu fördern, die Israel nicht «verunglimpft». Dies soll dadurch geschehen, dass die Vertreibung der Bevölkerung des Gazastreifens als humanitäre Notwendigkeit dargestellt wird, um internationale Unterstützung zu gewinnen. Man müsse argumentieren, dass die Umsiedlung zu «weniger Opfern unter der Zivilbevölkerung führen wird, verglichen mit den zu erwartenden Opfern, wenn die Bevölkerung bleibt».
In dem Dokument wird darauf gedrängt, dass die USA in den Prozess einbezogen werden sollten, um Druck auf Ägypten auszuüben, die palästinensischen Bewohner des Gazastreifens aufzunehmen, und dass andere europäische Länder – insbesondere Griechenland und Spanien – sowie Kanada bei der Aufnahme und Ansiedlung der palästinensischen Flüchtlinge helfen sollten.
Eine Quelle im Geheimdienstministerium bestätigte gegenüber +972, dass das Dokument authentisch und von der Politikabteilung des Ministeriums an die Verteidigungsabteilung geschickt worden sei – und «nicht an die Medien gelangen sollte».
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