Biobauer Urs Hans ist eine Art Demo-Champion in der Region Winterthur. Niemand hat in der jüngsten Vergangenheit mehr Kundgebungen in der Eulachstadt organisiert als der ehemalige Kantonsrat und Aufrecht-Nationalratskandidat.
In den vergangenen Jahren hat er sich aktiv gegen die Corona-Politik der Regierung engagiert und auch dagegen wiederholt Demonstrationen organisiert. Daran hat sich wenig geändert.
Am gestrigen Sonntag war es wieder einmal so weit. Gemeinsam mit dem Verfassungsbündnis Schweiz hat er zum «Freiluft-Kongress» eingeladen. Zwar kamen gerade einmal mehrere hundert Bürger – was kein Vergleich ist zu den grossen Demos von 2021.
Allerdings ist es dem Biobauern gelungen, mehrere hochkarätige Redner zu gewinnen: Darunter unter anderem Kayvan Soufi-Siavash, Jacques Baud und Rainer Rothfuss. Soufi-Siavash, besser bekannt als Ken Jebsen, war lange das Gesicht hinter der ehemaligen Medienplattform KenFM (heute Apolut). Baud ist ehemaliger Mitarbeiter des Schweizer Nachrichtendienstes, Oberst a.D. und Terrorismusexperte. Rothfuss ist AfD-Bundestagsabgeordneter.
Gemein ist ihnen: Sie alle polarisieren und ziehen Widerspruch nach sich. Linke Gruppierungen mobilisierten dann auch im Vorfeld der Demo und planten eine Gegendemonstration. Das führte dazu, dass der geplante Umzug mit den Trychlern letztlich nicht stattfinden konnte.
Während die Freiheitsaktivisten sich auf dem allseits gesicherten Neumarkt versammelten, kesselte die Polizei die Gegendemonstranten in der Nähe des Oskar Reinhart Museums ein.
Um 12.30 Uhr sagte Organisator Hans seinen Mitstreitern in der Altstadt, dass man sich aus Sicherheitsgründen gegen einen Umzug entschieden habe. Es folgten Buhrufe der Demonstranten.
Im Zentrum der gestrigen Reden stand der Krieg in der Ukraine. Gemeinsamer Nenner der meisten Redner bildete die Einsicht, dass vor allem der Westen den Krieg in der Ukraine zu verantworten habe.
Eine Meinung, die unter anderem auch Jacques Baud teilt. Er begründete dies damit, dass die Angriffe der ukrainischen Streitkräfte im Donbas zwischen dem 16. und 22. Februar 2022 stark zugenommen hätten. Erst dadurch sei der russische Angriff auf die Ukraine provoziert worden.
Scharf ins Gericht ging der ehemalige Geheimdienstler mit den westlichen Medien, die zentrale Informationen zum Hintergrund des Krieges verschweigen würden.
Europäische Spitzenpolitiker hätten bestätigt, dass ein Frieden in der Ukraine nie das Ziel gewesen sei. «Sie gaben (…) zu, dass das Minsk-Abkommen nur zur Vorbereitung des Krieges (...) unterzeichnet wurde», so Baud.
Er verwies auf die Aussagen von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel, des ehemaligen französischen Präsidenten Francois Hollande sowie auch von Petro Poroschenko, den Ex-Präsidenten der Ukraine. Sie alle hätten erklärt, dass es nie Ziel gewesen sei, den Vertrag einzuhalten.
Weitgehend unter den Teppich gekehrt werde, dass der Krieg gegen die russischsprechenden Bewohner in der Ostukraine bereits seit 2014 am Laufen sei.
Die Regierung unter Wolodimir Selenski hätte die Bewohner in der Ostukraine zudem zu «Bürgern zweiter Klasse» gemacht und ihnen zahlreiche Rechte genommen. Kiew habe der russischen Sprache und Kultur den Krieg angesagt, ähnlich wie es die Nazis mit den Juden in den 1930er-Jahren getan hätten.
Die ukrainische Regierung sei zu einer «effektiven Bedrohung» für die Bewohner in der Ostukraine geworden. All dies, so Baud, müsse berücksichtigt werden, um die Hintergründe des Krieges zu verstehen.
Auch Soufi-Siavash ging in seiner Rede auf die Ukraine ein. Der Journalist bezeichnet den Krieg in Osteuropa als einen «US-Stellvertreterkrieg gegen neue Allianzen auf der eurasischen Platte». Die Absicht, den politischen Gegner zu einem Angriffskrieg zu zwingen, sei besonders perfide, so der Journalist.
«Nicht wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern der, der dazu nötigt», spitzte Soufi-Siavash die Situation zu. Das habe schon Machiavelli gewusst.
Besonders empört zeigte sich der ehemalige KenFM-Moderator über die gegenwärtige deutsche Aussenpolitik, diese bedrohe die «Friedensordnung». Die deutsche Regierung, die Soufi-Siavash als einen «Vasall» der USA betrachtet, mache alles, was die Biden-Administration wolle.
Das sei besonders gefährlich. Auch deswegen, weil sie immer härter gegen oppositionelle Stimmen vorgehe – wovon Soufi-Siavash selbst ein Lied singen kann.
«Die deutsche Regierung ist alles, nur nicht demokratisch. Sie ist das Gegenteil. Sie ist ein Feind der Meinungsfreiheit.» Besonders heuchlerisch sei, dass man in Deutschland Dissidenten in China oder Russland gerne romantisiere, dabei sei man selbst nicht viel besser. Er erwähnte in diesem Zusammenhang auch Julian Assange, dessen Freilassung er fordert.
Jeder, der nicht auf Linie sei, werde diffamiert. «Frei zu sprechen, das sollte in Europa selbstverständlich sein, das ist es aber schon lange nicht mehr.» Das Schlimmste daran: Die grossen Medien beteiligten sich auch noch an den ständigen Hetzkampagnen gegen Oppositionelle. Dabei wäre es gerade die Aufgabe der Medien, kritisch auf die Mächtigen zu blicken.
Für Soufi-Siavash steht sowieso fest: Bürger und unabhängige Medien müssten die Machenschaften der Machteliten noch viel besser durchleuchten. Er forderte deshalb Videoüberwachungen der Politiker.
Auch die Schweiz schonte Soufi-Siavash in seiner Rede nicht. Das Land sei nicht mehr neutral. «Schweizer Gastfreundschaft» werde seit Jahrzehnten ausgenutzt. Und sowieso:
«Die Verhandlungen über einen möglichen Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland wurden nicht in Genf geführt, sondern in Istanbul. Was sagt das über den Ruf der Schweiz? Sie sind schwer angeschlagen.»
Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf internationale Organisationen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Weltwirtschaftsforum (WEF) und die Impfallianz GAVI. «Ich würde sie rausschmeissen», so der Ex-KenFM-Moderator.
Soufi-Siavash während seiner Rede. Foto: Rafael Lutz
Internationale Organisationen wie das WEF standen am gestrigen Sonntag in Winterthur gleich mehrfach scharf in der Kritik. «Wer hat uns verraten? Pseudodemokraten. Wer hat uns betrogen? WEF-Ideologen. Wer hat so viel Pinkepinke, wer hat so viel Geld, wie die, die zerstören Natur, Mensch und Welt», hiess es etwa in der Rede von Alec Gagneux.
Der Friedensaktivist ist überzeugt: Die Herrscher dieser Welt – darunter das WEF und seine Konsorten – führen gegenwärtig einen gnadenlosen Kampf gegen die breite Bevölkerung, die immer mehr verarme und Opfer von Propaganda sei.
«Und der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm: Halt du sie dumm, – ich halt sie arm!», zitierte Gagneux aus dem Lied «Sei Weichsam» von Reinhard Mey. Genau dieses Programm laufe schon seit Jahrhunderten. Doch die Bürger hätten sich das gefallen lassen. Nun gelte es aufzustehen.
Ähnlich sieht das auch Christoph Pfluger, Zeitpunkt-Herausgeber und Initiator der Verfassungsfreunde, der die letzte Rede an der gestrigen Demo hielt. Pfluger vertritt die Ansicht, dass nun der Zeitpunkt gekommen sei, um nach vorne zu blicken. «Die Pandemie ist vorbei», betonte er.
«Wir müssen in der Gegenwart ankommen.» Es sei wichtig, dass die gesellschaftliche Spaltung überwunden werde. «Mit dem grossen Gemeinsam.» Was in den letzten Jahren geschehen sei, solle zwar nicht gutgeheissen werden. Allerdings sei Vergebung wichtig.
Sowieso: Die Zeiten hätten sich geändert. Paradoxerweise sei heute Bundesrat Alain Berset, Gegner Nummer eins während Corona, der «stabile Fels für die Neutralität». Er sei eine wichtige Stimme im Bundesrat. Revanchismus an Berset und Co. erachtet Pfluger als fehl am Platz.
«Wir müssen nach vorne schauen», so Pfluger. Und zwar mit dem Weitwinkel- und dem Teleobjektiv – gerade Letzteres sei wichtig, damit man auch schon die übernächste Krise sehen könne.
Zwar sei gegenwärtig Ruhe eingekehrt. «Es ist Mai, es blüht. Die Herzen gehen auf», doch weitere Krisen würden kommen. Und für Pfluger ist klar: «Das werden die entscheidenden Krisen sein.» Zu verstehen seien diese nur über das gegenwärtige Geldsystem. «Money Makes the World Go round.»
Ums Geld drehe sich alles, selbst der gegenwärtige Krieg in der Ukraine. Denn es handle sich letztlich um einen Krieg «zwischen dem höchstverschuldeten Land der Welt und dem Land mit den grössten Ressourcen», so Pfluger. Für den Zeitpunkt-Herausgeber steht deshalb fest: Es braucht dringend eine Reform des Geldsystems, beginnend mit einer Entschuldung.
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Weitere Redner an der gestrigen Demonstration in Winterthur waren:
Istvan Hunter, Beat Süess und Simon Kramer. Nicole Hammer von Wissensgeist.TV hat alle Reden eingefangen. Hier können Sie diese anschauen.
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Ken Jebsen in der Schweiz
Der Journalist Kayvan Soufi-Siavash ist am vergangenen Wochenende gleich mehrfach im Raum Zürich aufgetreten. Soufi-Siavash ist auf Einladung von Christoph Pfluger in die Schweiz gekommen. Bereits am Freitag hatte er unter anderem in der Stadthalle in Kloten zum Thema Propaganda gesprochen. In der Flughafen-Stadt hatte Pfluger Leser und Interessierte zum Zeitpunkt-Apéro eingeladen. Prominente Gäste an dem Abend waren neben Soufi-Siavash auch die Journalisten Mathias Bröckers und Philipp Gut, mit denen Pfluger über das Thema Medien gesprochen hatte.
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