Am 11. Januar 2024 sorgte Sherita Hill Golden, die Vizepräsidentin und Chief Diversity Officer der Johns Hopkins Medicine, für Aufsehen, als sie einen Diversity Digest-Newsletter veröffentlichte. In diesem erklärte sie, dass Menschen in den Vereinigten Staaten, die als «weiss, körperlich gesund, heterosexuell, cisgender, männlich, christlich, zur Mittel- oder Oberschicht gehörend, mittleren Alters und englischsprachig» gelten, «privilegiert» seien.
Golden forderte das Personal auf, seine Privilegien zu überprüfen, und behauptete, Mitglieder dieser Gruppen glaubten oft, dass sie ihre Position verdient hätten, obwohl sie diese völlig unverdient innehätten. Die Botschaft wurde an das gesamte Personal der Johns Hopkins University gesendet, sickerte weiter ins Internet und löste eine heftige Kontroverse aus.
Kritiker stellten daraufhin die Frage, ob das bedeute, dass Mitglieder dieser sozialen Gruppen zwangsläufig privilegiert seien. Sie wiesen ferner darauf hin, dass es auch arme Menschen geben könne, die weiss, männlich, christlich und körperlich gesund seien und trotzdem benachteiligt werden könnten. Diese könnten jedoch niemals auf Förderung durch ein Diversity-and-Inclusion-Büro hoffen.
Die scharfzüngige junge YouTuberin Amala Ekpunobi äusserte sich zum Beispiel in ihrem viel beachteten und vor allem bei Jugendlichen beliebten Kanal ebenfalls kritisch und betonte: Dunkelhäutige Menschen, Frauen und die LGTB-Gemeinschaft würden tatsächlich von Privilegien profitieren. Sie bezeichnete die Aussagen von Golden als erstaunlich und schwer nachvollziehbar. Ekpunobi hinterfragte auch, ob nicht auch Sherita Hill Golden selbst privilegiert sei, da sie ihre Position als Chief Diversity Officer möglicherweise aufgrund ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts innehabe.
Angesichts des öffentlichen Aufschreis und der Kritik entschuldigte sich Golden am nächsten Morgen für ihre als zu vereinfacht empfundene Botschaft. Sie zog ihre Aussagen zur sozialen Privilegierung öffentlich zurück und distanzierte sich davon. Ein Sprecher der Johns Hopkins Medicine erklärte, dass die Sprache im Newsletter im Widerspruch zu den Werten der Institution stehe.
Einige Kommentatoren, darunter Ekpunobi, bezweifeln jedoch Goldens Aufrichtigkeit. Sie argumentieren, dass Goldens Position als Chief Diversity Officer ohne die Definition von Privilegien, die den Sturm auslöste, nicht existieren würde. Die Tatsache, dass Golden ihre Position behalte, säe weitere Zweifel an ihrer Aufrichtigkeit.
Der inkriminierte Newsletter ist heute direkt nicht mehr auffindbar, aber Beobachterinnen wie Ekpunobi verfügen sowohl über den Wortlaut des Newsletters wie des Entschuldigungsschreibens – und zitieren daraus. Ironischerweise trägt der Newsletter den Namen von Johns Hopkins, einem berühmten Philanthropen und Gegner der Sklaverei. In dem Newsletter beruft sich Hill Golden auch auf Martin Luther King Jr., der einst sagte:
«Ich schaue einem Tag entgegen, an dem Menschen nicht nach der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Gehalt ihres Charakters beurteilt werden.»
Dies steht offensichtlich im klaren Gegensatz zu Hill Goldens eigenem Vorgehen.